Sonntag, Mai 25, 2014

Gottes Abwesenheitsassistent

Von: g@-.universum
Gesendet: Sonntag, 25. Mai 2014 06:66
An: twimc
Betreff: gone fishing

Sehr geehrter Absender,

vom 03.04.33 bis zum 24.12.999999999 bin ich nicht erreichbar. E-Mails werden nicht weitergeleitet. In dringenden Angelegenheiten kontaktieren Sie bitte mein Büro unter der Durchwahl -666. Passende Vorwahlen finden Sie in den Telefonverzeichnissen von Syrien, Irak, Afghanistan, Nigeria oder Nordkorea. Zielführender wäre es jedoch, wenn Sie sich um Ihren Scheiss selbst kümmern. Selbstverständlich dürfen Sie gerne weiterhin an mich glauben oder anrufen, auch wenn Sie genau wissen, dass diese E-Mail nicht von mir stammt. Und denken Sie immer daran: Nichts wird gut.

Gruß,
G

Sonntag, Mai 18, 2014

Mir egal

Es ist mir egal, wer einen Schlagersängerwettbewerb gewinnt. Es ist mir egal, welcher Fürst mit welcher Fürstin vermählt wird und ob sie dann gemeinsam Kinder bekommen oder fremdgehen. Es ist mir egal, welcher Politiker zehn Kilo ab- oder zunimmt. Springreitturniere und Autobiographien von Schauspielern sind mir egal. Es ist mir egal, aus welchem Land ein Papst kommt oder wie er sich nennt und ob es ihn gibt. Es ist mir egal, wieviel eine Flasche Champagner kostet, oder eine Schachtel Pralinen. Es ist mir egal, welcher Sportler sich scheiden lässt. Es ist mir egal, welche Band ein Comeback in Erwägung zieht. Die Lottozahlen und Frauenfußball sind mir auch egal. Es ist mir egal, dass mir das alles egal ist, und es ist mir auch egal, ob das irgendjemand außer mir auch egal ist. Die meisten anderen Themen sind mir immer noch nicht egal.

Donnerstag, April 24, 2014

Der große Mayer

Vor acht Jahren ist an dieser Stelle ein Beitrag über den, anatomisch gesehen, Breitensport Wrestling erschienen. Damals ging es um >> Queen Mimi & King Hansen, zwei Kartenfiguren aus einem Quartettspiel, das ich dereinst in Kuala Lumpur erworben und während einer langen Busfahrt durch Malaysia über mehrere Stunden vollkommen regellos mit der dreijährigen Tochter eines Mitreisenden gespielt hatte. Nun endlich folgt plangemäß der zweite Teil des Fachbeitrags, denn am Gründonnerstag lag die Vorbestellung von Berni Mayers neuem Roman "Der große Mandel" im Briefkasten. Dafür habe ich kurzzeitig die Lektüre von Donna Tartts rund tausendseitigem Opus "Der Distelfink" unterbrochen.

Sie werden sich vielleicht fragen "Warum kurzzeitig? Der Mayer hat doch beachtliche 350 Seiten zu Papier gebracht!" Das liegt daran, dass es sich nach den ersten beiden Romanen aus der Serie um die privaten Ermittler Max Mandel und Sigi Singer auch in diesem Fall um einen Pageturner handelt. (Und jetzt regen Sie sich bitte erstmal über den Anglizismus auf. Das ging mir genauso, aber mir fällt spontan keine angemessene Übersetzung ein.)

Es ist schon dreist, das erste Kapitel eines Romans "Ende" zu nennen. Der Leser hält sich sogleich für extrem geistesgegenwärtig und kombiniert, dass man es mit einer Rückwärtsgeschichte zu tun hat, weil man sich beim Mayer über solche Kniffe nicht wundern würde, wenn man seine beiden anderen Romane kennt. Aber dann werden die Ereignisse doch umgekehrt andersherum, also nicht von hinten aufgezäumt.

Auch diese Geschichte, die in den Niederungen des provinzheimatlichen Wrestling-Milieus angesiedelt ist, wird aus der Perspektive Sigi Singers erzählt. Stilistisch durchsetzt ist der Text diesmal mit den Notizen Mandels, in seiner lakonischen Art auf Zettel geworfen. Diese Technik verleiht dem Roman glaubwürdige Dimensionen zweier Ich-Perspektiven.

Die Erkenntnisse über die Randgruppenbespaßung Wrestling sind auch für Leute interessant, die keine Plastikfiguren oder andere Showcatcher-Devotionalien sammeln. Und beiläufig erwirbt man weiteres exotisches Wissen. Zum Beispiel, dass Robert Fripp, Mastermind von King Crimson und zweifelsfrei einer der profiliertesten Rock- und Jazzgitarristen überhaupt, die Systemmusik für Windows Vista geschrieben hat. Lachen Sie nicht. Diese Information ist mindestens so wertvoll wie die Fähigkeit, ein schmackhaftes Spiegelei zu braten.

Und endlich kommt auch der kulturgeschichtlich unterbewertete Frank Zander zu seiner verdienten Geltung. Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung von Romanschauplätzen wie Siegen oder Gießen hingegen kann ich nichts sagen. (Im direkten Vergleich mit Frank Zander vermutlich eher gering.)

An einigen Stellen leuchtet der Erzähler in weltanschauliche Tiefen. So wird über die Sozialisierung der Landflüchtigen spekuliert, "wie wohl alles gekommen wäre, wäre man nie von zu Hause weggezogen. Vielleicht hätte die Multioptionalität, in die man in der Großstadt fast zwangsweise hineinschlitterte, einem nie das Urvertrauen beschädigt, indem sie einem permanent vorgaukelte, was man alles sein konnte, weil alle anderen immer so viel waren und man selbst so wenig."

Auch falls Sie über keine Zeitmaschine oder ähnliche Gerätschaft verfügen, um das Buch rückwirkend an Ostern 2014 zu lesen und meiner Kritik mittels eigener Lektüre zuvorzukommen, bestellen Sie den Roman trotzdem und freuen Sie sich auf das nächste Wochenende. Es kommt bestimmt, und Sie werden sich nicht langweilen.

Ein Audiojingle zum Text finden Sie übrigens auf Bernis Blog >> St. Burnster.
Und falls Sie weitere Verbraucherinformationen über die ersten beiden Romane mit dem Mandel und dem Singer wünschen, kann ich auch hierzu mit Kritiken dienen:
>> Mandels Büro
>> Black Mandel

Samstag, März 22, 2014

Sehr geehrter Klimawandel,

manche zweifeln an Ihrer Existenz. Andere meinen, die Vorzeichen einer Veränderung seien eindeutig. Willkommen im kurzen Dasein der aktuellen Population dieses Planeten. Ihre Gegner sorgen sich aufgeregt um den Fortbestand der Menschheit, auch wenn sie selbst das prognostizierte Fiasko nicht erleben werden.

Ihre Befürworter hingegen betonen die erfreulichen Seiten. Wenn die Polkappen abschmelzen, wird Deutschland zwar seinen liebsten Fußballfeind verlieren, aber auch ohne Holland geht das Leben weiter. Die Nordsee reicht bis zur Eifel. Das ist eine landschaftlich reizvolle Kombination zwischen Strand und Hügellandschaft mit hohem Freizeitwert und vom bevölkerungsreichen, dann noch dichter besiedelten Nordrhein-Westfalen aus schnell zu erreichen. Deutschland wird zur Surfnation.

Gazprom geht pleite. Keiner muss mehr heizen, und man bekommt keine Mahnungen mehr vom Schornsteinfeger wegen verpasster Termine. Niemand braucht mehr einen Schlafsack beim Campen oder lange Unterhosen mit Eingriff. Sonnenenergie setzt sich in Mitteleuropa durch. Die Klimawende schafft beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Energiewende.

Die Rheinebene wird zum Reisanbaugebiet mit drei bis vier jährlichen Ernten. Im Schwarzwald wachsen nicht nur Nadelbaummonokulturen, sondern edle Tropenhölzer. Männer tragen endlich keine Schals mehr. Aras und andere exotische Vögel nisten im Erzgebirge. Die Berliner können auch im Januar ohne Wolldecken und Gaspilze in ihren Straßencafés herumsitzen. Zebraherden durchstreifen die Sächsische Schweiz. Frauen gehen im Bikini einkaufen.

Während über die Polkappen diskutiert wird, wälzen Sie sich gähnend im Halbschlaf. Sie haben es mit dem Erwachen nicht eilig. Und Ihre Mutter Natur zeichnet sich ebenso durch Gelassenheit aus. Sie hat immerhin die Dinosaurier überlebt. Und auch Atomkriege beeindrucken sie nicht.

Ich will Sie nicht weiter belästigen, alle reden einfach gerne über das Wetter. Klima gibt es immer. Man nimmt es, wie es kommt.

Mit thermostatischen Grüßen,
mq



Vor dem Fenster, vor einer Woche

Samstag, März 08, 2014

Goldene Aschenbecher

Drei Dinge erscheinen an dieser Entdeckung während eines nächtlichen Heimwegs bemerkenswert:
1. Es gibt noch Raucher. (Oder andere Leute, die Aschenbecher benötigen.)
2. Es gibt noch mindestens eine Person, die eine Schreibmaschine benutzt.
3. Es gibt noch Ernte 23.

In der 1980er Jahren standen auf den Tischen des Würzburger Unicafés Aschenbecher, auf denen zu lesen war: "Dieser Aschenbecher wurde im Unicafé Würzburg geklaut". Die Verbreitung der Werbebotschaft durch Anstiftung zum Diebstahl seitens des Bestohlenen hat funktioniert. Ich kann mich an keine WG erinnern, die damals mit anderen Aschenbechern ausgestattet war. Bei goldenen Aschenbechern könnte die Realisierung eines solchen Konzepts kostenintensiv sein, mittelfristig betrachtet.

Sonntag, Februar 23, 2014

Falls es die Welt gibt

Falls es die Welt gibt, ist sie das trügerische Spiegelbild einer Miniaturlandschaft, die du jeden Tag in dir selbst einreißt, zermalmst und in anderer Gestalt wiederaufbaust. Mühevoll schaffst du Aussichten und Ansichten und bebilderst das Dasein mit deinen Vorstellungen. Um die Landschaft zu bereisen, errechnest du Fahrpläne und stellst Weichen. Du lässt Züge gegeneinander prallen und setzt sie mit einem Handgriff zurück auf die Schiene. Gleichzeitig sitzt du selbst in diesen Zügen und lässt dein Werk an dir vorüber ziehen. Wenn der Schaffner das Abteil betritt und nach deiner Fahrkarte verlangt, lachst du ihn aus. Denn auch der Schaffner bist du selbst. Beide wissen, dass der Zug an der nächsten Weiche entgleisen wird. Aber in diesem Moment sitzt du schon wieder in einem anderen Zug. Je länger die Reise dauert, desto mehr verdichtet sich der Eindruck, dass du alle Stationen kennst, und es fällt dir auch immer schwerer, neue Landschaften zu erschaffen. Der Raubbau am Rohstoff deiner verblassenden Träume hinterlässt leere Räume. Dennoch kannst du dir nicht vorstellen, dass alles irgendwann verschwindet, wenn es dich nicht mehr geben soll.

Montag, Februar 03, 2014

Voodoo Display #40


Frankfurt am Main, 2013

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Sonntag, Februar 02, 2014

Applaus für den Hammermann


Am 2.2.2014 um 10 Uhr wurde der >> AFE-Turm gesprengt. Es handelte sich um die bislang größte Gebäudesprengung in Europa. Als Liebhaber großer Sprengungen, bei denen keine Menschen zu Schaden kommen, habe ich die Arbeit des Hammermanns dokumentiert. Faszinierend ist die Verzögerung des Schalls im Vergleich zur visuellen Wahrnehmung bei solchen Ereignissen.

Donnerstag, Januar 23, 2014

Im Netz der grimmigen Dinge

Die anonyme E-Mail war über den WLAN-Drucker auf meinen Tablet-PC gesendet worden und stammte von der elektrischen Zahnbürste. Zunächst dachte ich, es handelt sich um einen nigerianischen Virus. Jedoch versetzte ein automatisches Update des Zahnbürstenbetriebssystems dieses Ding offenbar in die Lage, Botschaften zu versenden, die über sachliche Inhalte bei der Bestellung von Zahnpasta oder neuer Bürstenaufsätze weit hinausgingen.

Der Inhalt der E-Mail denunzierte den Rasierapparat, der angeblich "auf den Föhn scharf" sei und aus Eifersucht einen Scherenkopfanschlag auf meine Gesichtshaut plane. Selbstverständlich hielt ich die Zahnbürste für verrückt, zog jedoch gleichzeitig in Betracht, dass sie auf den Rasierer eifersüchtig sein könnte und ihre Platine sich aufgrund einer möglichen Fehlprogrammierung selbst zum Föhn hingezogen fühlt.

Obwohl meine Haare trocken waren, stellte ich den Föhn auf die höchste Stufe ein und ließ mir ausgiebig heiße Luft um den Kopf wirbeln. Tatsächlich fing die Akkuanzeige des Rasierapparats sofort an, zornesrot zu blinken, obwohl das Gerät seit zwei Tagen am Stromnetz hing und vollständig geladen war. Es roch ein wenig nach verbrannten Haaren.

Ich nahm die Zahnbürste zur Hand, stellte mich direkt vor den Rasierer und putzte mir mit Hingabe die Zähne. Bis mir das Ding einen Stromschlag versetzte, der meinen Schädel vibrieren ließ. Es roch ein wenig stärker nach verbrannten Haaren. Über den Weg der stillen elektronischen Post ließ mich die Zahnbürste wissen, dass unser bisheriges Vertrauensverhältnis aufgrund meines "niederträchtigen Verhaltens fundamental erschüttert" sei. Eine ähnliche E-Mail erhielt ich vom Rasierer, das Schreiben beinhaltete schlimmste Beschimpfungen. Falls Föhne ein männliches Geschlecht besitzen, sind Zahnbürsten weiblich und Rasierer homosexuell?

Mit der Vorstellung eines Rauschebarts, vergilbter Zähne und verletzter Gerätegefühle hätte ich leben können, aber offenbar besaß die Zahnbürste ein besonderes Charisma im Netz der Dinge und brachte die anderen elektrischen Gegenstände gegen mich auf. Plötzlich schlossen sich ohne Aufforderung die Rollläden und ließen sich nicht mehr öffnen. Gespenstisch flackerte das Licht, bevor es erlosch. Zum Glück kannte ich mich in meiner Wohnung aus und fand mich in der Dunkelheit zurecht. Zweimal stolperte ich über den Staubsauger, der mir immer wieder bösartig vor die Füße rollte.

Als ich mich auf dem Weg zum Kühlschrank am Herd abstützen wollte, verbrannte ich mir die Hand. Der Kühlschrank blieb stockdunkel und schickte mir eine Wolke eisiger Luft entgegen. Ich wagte nicht, hineinzufassen. Aus der Backröhre vernahm ich ein bedrohliches Raunen.

Vorgestern habe ich die Wohnung verlassen, nachdem es mir gelungen war, die Türsperre mit einer improvisierten Evilware zu überlisten. Ich weiß nicht, ob ich dorthin zurückkehre.

Sonntag, Januar 19, 2014

Sehr geehrte Südosteuropäer,

ich entschuldige mich auf diesem Weg für das fremdschamverursachende Verhalten von einigen meiner Landsleute. Es ist erschütternd, welche haarsträubenden Dummheiten über die sogenannte "Armutsmigration" in jüngster Zeit verbreitet wurden. Nach schlimmster xenophobischer Manier werden ganze Nationen als Bedrohung dargestellt. Es sind immer die Anderen, die Fremden, die unseren Wohlstand bedrohen, indem sie angeblich deutsche Arbeitsplätze oder Sozialaufwendungen erschleichen.

Bitte nehmen Sie den Deutschen diese Diskussion nicht allzu übel. Die German Angst ist ein international bestauntes Phänomen. Besonders verbreitet scheint die Angst im wohlhabenden Südostdeutschland zu sein, vermutlich weil sich diese Region selbst gerne an den politischen Rand Europas bugsiert.

Von "Sozialtourismus" war die Rede, eine Sprachverhunzung, die zurecht zum Unwort des Jahres 2013 gewählt wurde. Manchem, der keinen Hunger kennt und keine Angst haben muss, im Winter am Frost zu krepieren, weil zu wenig Heizmittel verfügbar sind, mag das Verständnis für Menschen fehlen, die ihre Heimat verlassen, ohne die fremde Sprache, das fremde System und fremde Erwartungshaltungen zu kennen. Und auch für Menschen mit einer qualifizierten Berufsausbildung, die von ihrem Gehalt nicht würdevoll leben können und daher migrieren, mangelt es an Empathie. Wie in jeder anderen Kultur gilt auch das Mitgefühl der Deutschen in erster Linie ihnen selbst.

Die Angst vor Zuwanderung und Veränderung ist ebenso tief verankert wie schädlich. Davon abgesehen, dass man in deutschen Innenstädten häufiger von Punks mit Hochschulreife als von südosteuropäischen Bevölkerungsgruppen angebettelt wird, ist die Mehrheit der Migranten auf der Suche nach Arbeit. Das ist ihr gutes - europäisches - Recht. Und wir sollten froh sein, dass dieses Recht beansprucht wird.

Ebenso wie die Demografiediskussion um das angebliche Aussterben der Deutschen als empirischer Sondermüll entsorgt werden kann, gehören Agitationen wie "Wer betrügt, der fliegt" (CSU) in den Kehrichteimer der Geschichte. Nicht nur, weil es sich um einen außerordentlich miesen Reim handelt, der im Deutschunterricht einer Förderschule für Lernbehinderte bestenfalls eine Vierminus verdient hätte.

Ich heiße Menschen aus Südosteuropa sowie anderen Himmelsrichtungen ausdrücklich willkommen und ziehe den Hut vor allen, die das Vertraute verlassen und neue Möglichkeiten suchen.

Mit xenophilen Grüßen,
mq

Montag, Januar 13, 2014

Flamingo

Im Zoo von San Diego habe ich einen halben Vormittag damit verbracht, das zweite Bein an jenem Flamingo zu suchen, der regungslos in den Teichrand gespießt war. Ich verspürte eine dunkle Neigung, gegen das dürre Standbein der Kreatur zu treten. Dann überwältigte mich das schlechte Gewissen. Denn wie würde man sich fühlen, wenn der Flamingo aus einem tragischen Grund tatsächlich nur ein Bein besessen hätte und umgekippt wäre? Plötzlich hob der Vogel ab und winkte mir mit seinem zweiten Bein, das er beim Start aus dem Gefieder geklappt hatte, verächtlich zu.

Samstag, Dezember 28, 2013

2013

Text
- Arbeit und Struktur, Wolfgang Herrndorf
- Back to Blood, Tom Wolfe
- Blutsbrüder, Ernst Haffner
- Der Überlebende, Ernst-Wilhelm Händler
- Die Abenteuer des Joel Spazierer, Michael Köhlmeier

Film
- Breaking Bad (Final Season)
- Der Geschmack von Rost und Knochen
- Inside Llewyn Davis
- Spring Breakers
- The Power of Few

Sound
- Daft Punk, Giorgo By Moroder
- Hanne Kolstø, The City
- Motörhead, I don't believe a word
- Poliça, Wandering Star
- ZZ Top, Under Pressure

People
- Elon Musk
- Nelson Mandela
- Malala Yousafzai
- Marcel Reich-Ranicki
- Michael Chodorkowski

Other
- Alles mir zu Ehren, aber alles ohne mich, Michael Kumpfmüller in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 2. Dezember
- Chris Ware: Jimmy Corrigan, the Smartest Kid on Earth
- Elevator Ghost
- Rainbow Bar & Grill, L.A.
- Taipeh 101

Montag, Dezember 23, 2013

Voodoo Display #39


Bangkok, 2013

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Donnerstag, Dezember 12, 2013

Nur die Größe der Zelle

Wozu das ganze Geschwafel von der Freiheit? Als ob es jemals einen freien Menschen gegeben hat. Jeder Mensch, jedes Lebewesen, sogar jeder Stein, jedes Atom ist an irgendeine Form der Abhängigkeit seiner Existenz gekettet.

Buddha hat der Legende zufolge über einen langen Zeitraum gefastet, um während seiner Meditation die Erleuchtung zu erlangen. Wieviele Tage hält es ein Mensch ohne Wasser aus? Wo der Mensch an die Grenzen der Naturgesetze stößt, wird es abrupt mythologisch. Die Geistesgeschichte unserer Spezies kennt zahlreiche Belege dafür, dass phantastische Erklärungsmodelle gegenüber naturwissenschaftlichen Begründungen bevorzugt werden. Folgerichtig lässt der Mensch seine Götter nicht verdursten, wenn sie einen Tag zu lange in der Sonne hocken, sondern spricht sie heilig. Und überhaupt, was soll das eigentlich sein, die Erleuchtung.

Die Legendenfigur Buddha war nicht frei, sondern in der Idee gefangen, die Erleuchtung zu erlangen. Und auch andere Götter wären nicht frei, wenn es sie gäbe, denn auch sie wären Gefangene ihrer Ideen. (Nebenbei: Würde ein Gott sich die Sinnfrage stellen?) Und wenn es keine Götter gibt, sind sie gefangen als Idee in den Köpfen der Menschen.

Freiwillig verdursten oder verhungern ist machbar, aber der Mensch besitzt noch nicht einmal die Befähigung zur Freiheit, aus eigenem Willen mit dem Atmen aufzuhören. Nur mit einem Strick oder in Abhängigkeit anderer Hilfsmittel gelingt es. Und selbst ein Freitod erfolgt nicht freiwillig, sondern ist eine zwangsläufige Konsequenz, die aus anderen Zwängen resultiert.

Alles befindet sich in gegenseitigen Abhängigkeiten. Der freie Wille ist eine Illusion. Jede Entscheidung ist geprägt von Erfahrungen, und die wenigsten Erfahrungen geschehen ohne fremde Einflüsse. Die Unfreiheit und die Unfreiwilligkeit sind real in ihren unterschiedlichen selbst und fremd verschuldeten Konstellationen. Die Formen der Gefangenschaft unterscheiden sich allein in der Größe der Zelle.

Zum Teufel mit dem Pathos der Freiheit. Lieber ein Leben in der Auseinandersetzung mit vielen unberechenbaren Abhängigkeiten als ein Dasein in einer einzigen durchsichtigen Illusion.

Samstag, Dezember 07, 2013

Unter der Nacht

Escher starrte in die Dunkelheit. Es musste unter dem Bett lauern. Dort unten hatte sich alles Schlechte versammelt und zu einem kalten, geduldigen Wesen ohne Gedächtnis vereint. Mit einem weiten Satz sprang Escher von seiner Schlafstätte in die Mitte des schwarzen Raumes. Er wagte nicht, sich umzudrehen. Ein Blick bohrte sich durch seinen Rücken und zerrte an den Eingeweiden.

Ihm kam es vor, als ob der Raum aus kleinen Würfeln bestand, die jemand durcheinander geschüttelt und auf eine falsche, bösartige Weise wieder zusammengesetzt hat. Durch das Fenster schien plötzlich eine Stratuswolke, die inmitten des nächtlichen Himmels gleißend hell über der Stadt stand und Millionen Lichter reflektierte.

Und Escher verstand, dass er selbst das Wesen ist, das unter dem Bett lebt. Er greift nach seinem Knöchel und zieht sich ohne Gegenwehr in den dunklen Spalt.
Unter der Tarnung des aufgewirbelten Nachtstaubs lauerte Escher wie eine Spinne und starrte in die Dunkelheit. Irgendwann würde der Andere das sichere Kissen verlassen, das sagte ihm sein Gespür. Die Wolke war verschwunden. Und mit ihr das Licht.

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