Sonntag, November 17, 2013

Selbstbildnisse im Elektromarkt

Es muss ein magischer Moment gewesen sein, als der Mensch sich zum ersten Mal selbst wahrnahm. Er beobachtete die glatte Wasseroberfläche und erkannte plötzlich, dass es sich bei dem Wesen, das ihm in die Augen blickte und seinen Bewegungen spiegelbildlich folgte, um ihn selbst handelte. In diesem Augenblick verankerte sich das menschliche Selbstbewusstsein.

Seither versucht der Mensch, dieses Bild im Bewusstsein festzuhalten. Er will der Vergänglichkeit entrinnen, die er bereits vor seinem Blick auf jene glatte Wasseroberfläche kennengelernt hatte.

Die glatten Wasseroberflächen unserer Zeit sind die Displays von Smartphones und Tablet Computern. Per Berührung lassen sich Spiegelbilder konservieren und die Vergänglichkeit scheinbar überlisten.

In Elektromärkten öffne ich die Fotospeicher von Geräten und betrachte Menschen, die sich zuvor selbst angesehen und bildlich festgehalten haben. Im Hinblick auf die Bewältigung der Vergänglichkeit erscheint es nicht rätselhaft, warum offenbar die wenigsten ihre Selbstbildnisse löschen, um sich fremden Blicken zu entziehen.

Unbekannte überlassen einen Teil ihrer Identität einem Unbekannten, der die Porträts ablichtet und anschließend vom Gerätespeicher löscht.










Übrigens erkennen Affen ihr Spiegelbild nur, wenn sie mit sozialem Kontakt aufgewachsen sind. Isolierte Affen erkennen ihr Spiegelbild nicht.*

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*G. G. Gallup: Self-recognition in primates: A comparative approach to the bidirectional properties of conciousness. In: American Psychologist. Band 32, 1977, S. 329-337.

Samstag, November 16, 2013

Voodoo Display #38


Downtown Los Angeles, 2013

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