Pepe und Herr Fischer
Über die leeren Sitzreihen zum Kinostart des Films musste man sich nicht wundern. Schließlich handelte es sich um eine Dokumentation. Und noch dazu um eine politische Dokumentation. Gibt es ein Genre, das weniger sexy ist fürs Massenpublikum?
Man soll niemals einem Pflichtgefühl folgen. Schon gar nicht, wenn es um Filme geht. Aber da falle ich jedes Mal auf die Lockrufe meines inneren Bildungsspießerzwerges herein. Schließlich hatte man Pepe Danquart irgendwann einen Oscar für den besten Kurzfilm verliehen, und er hat mit "Höllentour" und "Am Limit" zwei herausragende Sportdokus gedreht. Die Gefahr einer internationalen Preisverleihung wird ihm mit seinem jüngsten Werk "Joschka und Herr Fischer" nicht drohen, und die quälende Länge des Streifens ist nicht der einzige Grund dafür.
Was den Film unerträglich macht, sind auch nicht die Kommentare einer komplett verspulten Katharina Thalbach. Und auch nicht die Peinlichkeit der Band Fehlfarben, die im fortgeschrittenen Alter zwecks Illustration der 80er Tristesse vor die Kamera gepflanzt wurde. Selbst der Umstand, dass der Erkenntnisgewinn im Verlauf des Films zielsicher gegen Null strebt, wäre auszuhalten. Denn warum sollte man sich nicht mit Informationen berieseln lassen, die schon unzählige Male medial wiedergekäut wurden - in einer neuen Kombination zusammengeschnipselt, kann sogar diese Art der Zeitvergeudung kurzweilig sein.
Zunächst merkwürdig, und gegen Ende des Films zunehmend ärgerlich fand ich, dass außer Daniel Cohn-Bendit kein politisch mitverantwortlicher Weggefährte Fischers befragt wurde. Es gibt auch keine kritischen Rückblicke der Widersacher von Joseph Fischer.* Anstatt dessen hat sich Danquart damit begnügt, an wenigen Stellen Polemikfetzen von Politikern anderer Couleur einzustreuen. Das soll jetzt um Himmels Willen keine Anregung für eine Fortsetzung sein, aber auch Hintergründe zu Fischers aktuellen Tätigkeiten als Unternehmensberater wären spannend gewesen. Unbequeme Gesprächsrichtungen wurden ausgespart. So blieb beim Verlassen des Kinos nur das schale Gefühl, dass die Inhalte der Doku zwischen Außenminister a.D. und Autorenfilmer vertraglich festgelegt und zensiert waren.
Auch ohne filmischen Weihrauch und Myrrhe hätte es gelingen können, die Leistungen Fischers zu zeigen. Ein Mann ohne Abitur und Hochschulzeugnis, ohne juristische oder politische Ausbildung, noch als hessischer Staatsminister ohne akzeptable Englischkenntnisse, ohne Kenntnisse des Verwaltungsapperates und seiner Konventionen, kämpft sich bis ins Amt des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland. Dabei hat er immer wieder Zähigkeit, Durchsetzungskraft und Mut bewiesen. Gleichzeitig war er sich der historischen Bedeutung seiner Karriere bewusst. Dass eine solche Karriere in Deutschland überhaupt möglich war, kann auch als Symbol für Demokratie verstanden werden. Leider behandelt der Film "Joschka und Herr Fischer" die im Titel angedeuteten Persönlichkeitsebenen nicht mit der angemessenen Kontroverse.
--
*Sollte ich zwischendurch eingenickt sein und Szenen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Außenminister nicht mitbekommen haben, bitte ich um sachdienliche Hinweise.
Man soll niemals einem Pflichtgefühl folgen. Schon gar nicht, wenn es um Filme geht. Aber da falle ich jedes Mal auf die Lockrufe meines inneren Bildungsspießerzwerges herein. Schließlich hatte man Pepe Danquart irgendwann einen Oscar für den besten Kurzfilm verliehen, und er hat mit "Höllentour" und "Am Limit" zwei herausragende Sportdokus gedreht. Die Gefahr einer internationalen Preisverleihung wird ihm mit seinem jüngsten Werk "Joschka und Herr Fischer" nicht drohen, und die quälende Länge des Streifens ist nicht der einzige Grund dafür.
Was den Film unerträglich macht, sind auch nicht die Kommentare einer komplett verspulten Katharina Thalbach. Und auch nicht die Peinlichkeit der Band Fehlfarben, die im fortgeschrittenen Alter zwecks Illustration der 80er Tristesse vor die Kamera gepflanzt wurde. Selbst der Umstand, dass der Erkenntnisgewinn im Verlauf des Films zielsicher gegen Null strebt, wäre auszuhalten. Denn warum sollte man sich nicht mit Informationen berieseln lassen, die schon unzählige Male medial wiedergekäut wurden - in einer neuen Kombination zusammengeschnipselt, kann sogar diese Art der Zeitvergeudung kurzweilig sein.
Zunächst merkwürdig, und gegen Ende des Films zunehmend ärgerlich fand ich, dass außer Daniel Cohn-Bendit kein politisch mitverantwortlicher Weggefährte Fischers befragt wurde. Es gibt auch keine kritischen Rückblicke der Widersacher von Joseph Fischer.* Anstatt dessen hat sich Danquart damit begnügt, an wenigen Stellen Polemikfetzen von Politikern anderer Couleur einzustreuen. Das soll jetzt um Himmels Willen keine Anregung für eine Fortsetzung sein, aber auch Hintergründe zu Fischers aktuellen Tätigkeiten als Unternehmensberater wären spannend gewesen. Unbequeme Gesprächsrichtungen wurden ausgespart. So blieb beim Verlassen des Kinos nur das schale Gefühl, dass die Inhalte der Doku zwischen Außenminister a.D. und Autorenfilmer vertraglich festgelegt und zensiert waren.
Auch ohne filmischen Weihrauch und Myrrhe hätte es gelingen können, die Leistungen Fischers zu zeigen. Ein Mann ohne Abitur und Hochschulzeugnis, ohne juristische oder politische Ausbildung, noch als hessischer Staatsminister ohne akzeptable Englischkenntnisse, ohne Kenntnisse des Verwaltungsapperates und seiner Konventionen, kämpft sich bis ins Amt des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland. Dabei hat er immer wieder Zähigkeit, Durchsetzungskraft und Mut bewiesen. Gleichzeitig war er sich der historischen Bedeutung seiner Karriere bewusst. Dass eine solche Karriere in Deutschland überhaupt möglich war, kann auch als Symbol für Demokratie verstanden werden. Leider behandelt der Film "Joschka und Herr Fischer" die im Titel angedeuteten Persönlichkeitsebenen nicht mit der angemessenen Kontroverse.
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*Sollte ich zwischendurch eingenickt sein und Szenen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Außenminister nicht mitbekommen haben, bitte ich um sachdienliche Hinweise.