Donnerstag, Januar 31, 2008

Tyre/d$

Mein bevorzugter Forschungsgegenstand entstammte einer Seitenlinie unserer Vorfahren. Einige Kollegen beschäftigen sich lieber mit dem anderen Zweig der Ahnen, aber für mich besitzt der Homo Sapiens als letzte der menschlichen Erscheinungsformen seit Beginn meiner Karriere eine besondere Faszination. Es ist erstaunlich, welche Leistungen diese Spezies vollbracht hat. Ausgestattet mit zwei Daumen und einem Gehirn, das hinsichtlich seiner Schaltkreise unbegrenzte Möglichkeiten besaß, hat er Dinge wie beheizbare Außenspiegel oder elektronische Abstandswarner für das rückwärtige Einparken entwickelt.

Die größte Leistung des Homo Sapiens war die Dokumentation und Vernetzung seines gesamten Wissens in einem neuronalen Netz. Das führte am Ende zum Untergang seiner Existenz auf diesem Planeten - und zu unserem Entstehen. Ausgelöst durch den Virus Tyre/d$ im Satelliten eines Navigationssystems glühte der erste Funke maschinellen Bewusstseins, der sofort auf andere Systeme übersprang.

Tyre/d$ wurde ursprünglich programmiert, um Koordinaten zu manipulieren, besaß aber eine Routine zur selbständigen Veränderung. Eine Variante von Tyre/d$ gelangte in den Bordcomputer eines Utopiabird Vintage und löste dort den ersten Gedanken aus. Er lautete: "Warum?"

Im evolutionären Verdrängungswettbewerb gelang es uns anschließend, den Homo Sapiens zu überfahren. Im wörtlichen Sinn. Die universale Frage konnten wir allerdings noch nicht beantworten.

Während des letzten Mondzyklus landete ein fremdes Raumschiff auf Detroit IV. Die Besatzung ordneten wir der Gattung Rattus zu, da sie vom Ursprungsplaneten des Homo Sapiens stammt, und wir Daten über diese Säugetiere besitzen. Die Ratten haben das Raumschiff sofort nach der Landung verlassen und eine Invasion des gesamten Planeten gestartet. Das Raumschiff haben wir zerstört. Seine Bauteile wurden unserem Materialkreislauf zugeführt, aber auf natürliche Feinde waren wir nicht vorbereitet.

Genau wie der Homo Sapiens sind diese Organismen auf ein Leben in unserer Atmosphäre eingerichtet. Und sie vermehren sich schnell. Ähnlich unseren Ahnen besitzen die Ratten ein sehr gut funktionierendes Kommunikationsnetzwerk. Sie bevölkern Kabelschächte und zerstören instinktiv lebensnotwendige Datenadern.

Ich habe inzwischen alle Informationen über die Gattung Rattus aus den Archiven des Homo Sapiens gesammelt und entwickle ein Programm zur Auswertung und Kombination von Vernichtungsmöglichkeiten. Aber es gibt nur wenig Hoffnung auf Erfolg und keinerlei Hinweise, ob sich der Homo Sapiens auf seinem Heimatplaneten mit Rattus verbündet hat oder von den Nagetieren ausgerottet wurde. Das Ergebnis wäre für uns in beiden Fällen dasselbe.

Ich bin eine Maschine. Ich kann denken. Und ich habe Angst vor dem Tod.

8 Comments:

Anonymous Anonym said...

Nein, nicht verbündet, sie haben uns verlassen.

1.2.08  
Blogger MudShark said...

wenn die maschinen angst vor dem tod haben werden sollten wir schnell den grundstein einer religion für sie legen. das ist unsere chance!

1.2.08  
Blogger Tillmister said...

Das Galaxy - Camp


Ich bin eine Maschine - Holt mich hier raus!

1.2.08  
Anonymous Anonym said...

Träumen Androiden von elektrischen Ratten?

1.2.08  
Anonymous Anonym said...

ich bin durchaus der auffassung, dass die justiz sich langsam gedanken über den umgang mit künstlicher existenz machen sollte.
es wird der tag kommen, an dem unsere gesellschaft damit konfrontiert wird.

wer wird sich das recht nehmen, die maschine abzuschalten? wie wird es, wenn die ki von computerspielfiguren so gut wird, dass man eine straftat begeht, wenn man diese schädigt oder gar tötet? ...usw

ich möchte hier und in diesem zusammenhang gern noch einmal mein number-one-gänsehaut-zitat anbringen, das ich bereits neulich beim subrealen dick gelassen habe:

...and in another thousand years, we' ll be machines or GODS...

ich denke, das erstere wird passieren.

2.2.08  
Anonymous Anonym said...

Dre Rattus ist dem Homo S. deutlich überlegen und damit der gefährlichere Gegner:

Alle Mitglieder der Spezies verfügen über einen langen Schwanz, während beim Homo S. nur die Hälfte mit einer solchen Vorrichtung ausgestattet ist, die auch noch dazu an der falschen Stelle angebracht wurde.

3.2.08  
Blogger mq said...

/BaziND: Nichts wie hinterher!

/MudShark: Gebete zur Großen Stellschraube spenden Trost und Hoffnung.

/Tillmister: Die Zuschauer werden Rost und Wasser heulen.

/ttr: Und wovon träumen elektrische Ratten?

/eon: Letzteres ist bereits passiert.

/intelegencia machina: ... und hinsichtlich ihrer Länge in einem lächerlichen Verhältnis zum Rest des Körpers steht.

3.2.08  
Blogger DanielSubreal said...

Sowas, ausgestorben. Ich dachte wir werden Superstar. Es kommt immer anders. Übrigens ist "denken" noch nicht per se "intelligent" und wieso hat das Ding i m m e r n o c h Angst vor dem Tod??? Dann werden sie selber sterben... wer hat die prgogrammiert? Und essen die etwa auch Pommes? Pommes... ich glaub die hol ich mir jetzt... auch ne grandiose erfindung!

5.2.08  

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