Doppelt einfach
Unauffällig folgte Escher dem anderen, während er ihn in den Spiegelbildern der Schaufenster verstohlen beobachtete. Die Größe passte. Der andere hatte auch dieselbe Figur und Kopfform. Sein Haarschnitt gefiel ihm nicht, aber es sollte kein Problem sein, die Frisur zu ändern.
Er bewegte sich offenbar ziellos durch die Straßen der großen Stadt. Am Rand eines Viertels, das Escher vertraut war, verschwand der Verfolgte in einen dunklen Hinterhof. Escher brach die Observation ab und ging zu seiner Wohnung. Dort stellte er sich vor, wie der andere seinen grauen Mantel auszog und vielleicht in eine kleine Küche ging, um sich einen doppelten Espresso zu kochen. Amüsiert zog auch er seinen grauen Mantel aus, ging in seine kleine Küche und kochte sich einen doppelten Espresso.
Escher stellte sich vor, wie es wäre, ein neues Leben zu beginnen, mit einer anderen Identität von vorne anzufangen. Irgendwo hatte er gelesen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit von jedem Menschen ein fast identisches Ebenbild gibt. Die Theorie erschien ihm einleuchtend, zumal es von vielen berühmten Persönlichkeiten Doppelgänger gab. Aufgrund der Berühmtheit dieser Menschen war es einfach, ihre Doppelgänger ausfindig zu machen. Wenn man jedoch nicht in den Medien abgelichtet wurde, bedurfte es eines Zufalls, um den Doppelgänger zu finden.
Endlich war er ihm begegnet. Seit Wochen überlegte Escher, wie es ihm gelänge, sich unbemerkt das Leben des anderen anzueignen. Er kam immer wieder zu dem Ergebnis, dass er den anderen vernichten musste, um ihn seiner Rolle zu berauben und seine Identität zu übernehmen. Dabei durfte keiner merken, dass es den anderen nicht mehr gab. Nur Eschers eigenes Verschwinden würde den Behörden Rätsel aufgeben.
Escher hatte sich für den Zweck der Vernichtung eine Schusswaffe besorgt. An einem milchtrüben Novembertag nahm er den Revolver aus einer Schublade und steckte ihn in die Innentasche seines grauen Mantels. Die Kälte des Metalls drang durch den Stoff an seine Brust.
Vor dem Haus mit dem dunklen Hinterhof musste er nicht lange auf den anderen warten. Wie die vielen Male zuvor verfolgte er ihn durch das Labyrinth aus Beton. Dabei ließ er die flüchtigen Reflexionen der Gestalt auf den Schaufensterscheiben nicht aus den Augenwinkeln.
Escher folgte dem anderen durch den dunklen Hinterhof in das Treppenhaus einer Mietskaserne. Der Mann im grauen Mantel schien die Anwesenheit seines Verfolgers zu spüren, er drehte sich mehrmals um. Escher fühlte eine tiefe Verbundenheit mit dem anderen, sogar die fremde Umgebung erschien ihm vertraut.
- Ich habe Sie erwartet,
sagte der andere, als sie sich in der Wohnung gegenüberstanden. Er lächelte ihn dabei milde an. Escher hob den Arm und zielte mit dem Revolver in der Faust auf sein Gegenüber. In wenigen Momenten würde er ein Leben auslöschen, aber dafür ein neues beginnen. Der andere schien keine Angst zu empfinden, als er den Lauf des Revolvers auf seine Stirn gerichtet sah.
Auf den lautlosen Schuss folgte ein Klirren. Escher betrachtete die Scherben auf dem Teppich und beschloss, für sein neues Leben keinen Spiegel mehr an der Wand anzubringen. Für einen Moment schloss er befreit die Augen.
Er bewegte sich offenbar ziellos durch die Straßen der großen Stadt. Am Rand eines Viertels, das Escher vertraut war, verschwand der Verfolgte in einen dunklen Hinterhof. Escher brach die Observation ab und ging zu seiner Wohnung. Dort stellte er sich vor, wie der andere seinen grauen Mantel auszog und vielleicht in eine kleine Küche ging, um sich einen doppelten Espresso zu kochen. Amüsiert zog auch er seinen grauen Mantel aus, ging in seine kleine Küche und kochte sich einen doppelten Espresso.
Escher stellte sich vor, wie es wäre, ein neues Leben zu beginnen, mit einer anderen Identität von vorne anzufangen. Irgendwo hatte er gelesen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit von jedem Menschen ein fast identisches Ebenbild gibt. Die Theorie erschien ihm einleuchtend, zumal es von vielen berühmten Persönlichkeiten Doppelgänger gab. Aufgrund der Berühmtheit dieser Menschen war es einfach, ihre Doppelgänger ausfindig zu machen. Wenn man jedoch nicht in den Medien abgelichtet wurde, bedurfte es eines Zufalls, um den Doppelgänger zu finden.
Endlich war er ihm begegnet. Seit Wochen überlegte Escher, wie es ihm gelänge, sich unbemerkt das Leben des anderen anzueignen. Er kam immer wieder zu dem Ergebnis, dass er den anderen vernichten musste, um ihn seiner Rolle zu berauben und seine Identität zu übernehmen. Dabei durfte keiner merken, dass es den anderen nicht mehr gab. Nur Eschers eigenes Verschwinden würde den Behörden Rätsel aufgeben.
Escher hatte sich für den Zweck der Vernichtung eine Schusswaffe besorgt. An einem milchtrüben Novembertag nahm er den Revolver aus einer Schublade und steckte ihn in die Innentasche seines grauen Mantels. Die Kälte des Metalls drang durch den Stoff an seine Brust.
Vor dem Haus mit dem dunklen Hinterhof musste er nicht lange auf den anderen warten. Wie die vielen Male zuvor verfolgte er ihn durch das Labyrinth aus Beton. Dabei ließ er die flüchtigen Reflexionen der Gestalt auf den Schaufensterscheiben nicht aus den Augenwinkeln.
Escher folgte dem anderen durch den dunklen Hinterhof in das Treppenhaus einer Mietskaserne. Der Mann im grauen Mantel schien die Anwesenheit seines Verfolgers zu spüren, er drehte sich mehrmals um. Escher fühlte eine tiefe Verbundenheit mit dem anderen, sogar die fremde Umgebung erschien ihm vertraut.
- Ich habe Sie erwartet,
sagte der andere, als sie sich in der Wohnung gegenüberstanden. Er lächelte ihn dabei milde an. Escher hob den Arm und zielte mit dem Revolver in der Faust auf sein Gegenüber. In wenigen Momenten würde er ein Leben auslöschen, aber dafür ein neues beginnen. Der andere schien keine Angst zu empfinden, als er den Lauf des Revolvers auf seine Stirn gerichtet sah.
Auf den lautlosen Schuss folgte ein Klirren. Escher betrachtete die Scherben auf dem Teppich und beschloss, für sein neues Leben keinen Spiegel mehr an der Wand anzubringen. Für einen Moment schloss er befreit die Augen.
Labels: Escher
17 Comments:
Verbindlichsten Dank für diese wunderbare Adventsgeschichte.
Gleiches habe ich meinem Schatten zugedacht, wenn die Sonne wieder scheint.
Das mit ohne Spiegel halte ich grundsätzlich für eine gute Idee (was persönliche Gründe haben könnte), ich möchte nur anmerken, dass Escher sich damit unter Umständen Wege verbauen könnte, und Möglichkeiten, wenn Sie verstehen, was ich meine. Also im neuen. Dann.
...und führte sodann ein ruhiges, sorgenfreies Leben als Psychopath...(denen man ja nachsagt, sie hätten ein massives Defizit von "Spiegelneuronen".) Man kann gespannt sein, wie die Geschichte weitergeht...aber vielleicht war das ja auch das Ende?
escher wird nach seinem mörder suchen müssen, fürchte ich. praktischerweise liegt sein abbild am boden, er muss es nur zusammenfügen.
Ich bin empört! Auf`s wunderbarste empört! Hätte Narziss doch nur auch geschossen...
...dann kämen uns vielleicht solch lustige cartoons höchstens komisch vor?
Selbst die größten Stars sehen sich im Spiegelglas (Kraftwerk 1977)
spiegelverkehrt = richtig
ach so...
blogger dot com sagt:
ES DARF KEINE BLOGS AUSSERHALB VON BLOGGER DOT COM GEBEN!
als nicht blogger dot com user hat man keine möglichkeit mehr, seinen namen mit einem link zu versehen.
1 a diktatorenmarketing! glückwunsch!
tricksen hilft auch nichts. s.o.
und: nein, ich werde mir keinen account zulegen! ich hoste meinen blog weiterrhin selbst!
vielleicht ja so:
freie stimme berlin
@ eon:
Beim ersten Kommentar funzt es doch. Was hast du gemacht?
also dein und mein link funtionieren nicht. einen link hinter den namen kann man nur noch packen, wenn man ein google oder blogger konto hat. das 'sontige'-feld und das feld für den link sind rausgenommen worden.
Ich bin ganz sicher, dass Escher diese unverhoffte zweite Chance nutzen wird!
Soooo lange war ich nicht hier. Umso schöner, dass dieser Blog noch existiert und der wirre Escher immer noch unterwegs ist...:-)
Selten war ich von Schusswaffen so verzaubert wie nach der Lektüre dieser wortgeschmeidig-schlauen Escher-Episode.
@ eon
Schon klar. Aber als ich die Frage stellte, hat dein Link aus dem ersten Kommentar noch gefunzt, da stand auch nur "eon" in blauer Schrift. Nun ist das "a href" zu sehen.
Echt seltsam und sehr schade.
Die Pointe mit dem Spiegel wollte ich doch in den Kommentaren bringen. Manno:)
/Killer von St. Pauli: Das Schlimmste, was man einem Schatten antun kann, ist ihm das Licht auszuknipsen.
/Frau H.: Zur äußersten Not empfiehlt sich ein bewaffneter Spaziergang durchs Spiegelkabinett.
/der Nachbar: Für Escher ist jedes Ende ein Anfang.
/MudShark: Beim Zusammensetzen des eigenen Spiegelbildes können wenigstens keine schwerwiegenden Fehler auftreten ... oder doch?
/DanielSubreal: Die Wellen hätten ein Zerrbild ergeben, und das hätte Narziss gewiss nicht gefallen - aber vielleicht wird erst durch die Wellen das unverzerrte Bild erzeugt?
/F'n'N: Der Mann hat keine Nase!
/Tillmister: Selbst die kleinsten Zwerge sind im Spiegel groß wie Berge.
/Eon: Meine Handschuhe sind anderer Meinung.
[Und das technische Problem war temporärer Natur und sollte sich inzwischen erledigt haben, oder?]
/DGT Steini: Das befürchte ich allerdings auch.
/Nomak: Darüber wundere ich mich allerdings auch. (Welcome back!)
/Ole: Merci. Dennoch rate ich von einer Lockerung der Schusswaffengesetze ab.
/Burnz: Tut mir leid. Das war rücksichtslos von mir.
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