Die verschollene Zauberkastengebrauchsanleitung
Unter den wenigen Dingen, die Escher zu seinem Besitz zählte, befand sich ein Zauberkasten, den man ihm vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt in Antwerpen überlassen hatte. Seither lag der Kasten unter dem Bett, wo die pelzige Staubschicht auf seinem Deckel ungestört wachsen konnte. Escher hatte den Zauberkasten nur einmal in geöffnetem Zustand gesehen, als ihm der vormalige Besitzer die Vielfalt des Inhalts anpries. Damals warf Escher flüchtige Blicke auf das Zaubereizubehör, während der Alte einige Gegenstände herausnahm und zwischen seinen knochigen Händen drehte, auf denen sich die Venen wie blaue Würmer abzeichneten.
Bei dem Zauberkasten handle es sich um eine außergewöhnliche Anfertigung aus dem vorletzten Jahrhundert, zischte der Alte durch vergilbte Zähne und sah Escher dabei aus schwarzen Glasperlen an, die zwischen den Furchen in seinem Gesicht glänzten und nur entfernt an Augen erinnerten.
Escher suchte nie Flohmärkte auf, er war zufällig in das Geschehen geraten. Als er sich zum Gehen wenden wollte, schlug der Alte seine Krallen in den Ärmel von Eschers Mantel. Er möge den Zauberkasten doch mitnehmen, krächzte der merkwürdige Vogel leise. Dabei kam seine gekrümmte Nase, die dem Schnabel einer Saatkrähe ähnlich war, Eschers Gesicht bedrohlich nahe. Verunsichert erwiderte Escher, er habe keinen Bedarf an Utensilien für Taschenspieler. Offenbar handle es sich um ein Missverständnis, zischte der Alte. Er wolle ihm kein Kinderspielzeug andrehen. Der Inhalt des Zauberkastens eröffne unglaubliche Möglichkeiten, sogar Menschen könne man damit verzaubern. Der einzige Nachteil sei, dass die Gebrauchsanleitung für die Zaubertricks abhanden gekommen war. Daher wolle er kein Geld für das antiquarische Stück, auch kein Stück von Eschers Seele, meinte der Alte zwinkernd, sondern es sei ein Geschenk, das man nicht ablehnen könne. Auch wenn ihm jetzt noch keine Verwendung in den Sinn käme, es würde der Tag kommen, an dem sich jeder einen Zauberkasten wünsche. Und wegen der fehlenden Gebrauchsanleitung solle sich Escher keine Sorgen machen. Man müsse experimentieren, irgendwann funktioniere jeder Trick. Escher wusste nicht, warum er den Kasten in seinen Händen hielt, als der Alte plötzlich verschwunden war. Die Saatkrähe schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
In der folgenden Nacht erlebte Escher einen Traum. Er war zur Halbmondfeier einer Zaubergilde geladen, wo jeder Anwesende seine Kunst vorführte. Als die Reihe an Escher war, öffnete er den Zauberkasten. Jeder Trick misslang. Die Ohren des Kaninchens ragten zu früh aus dem Zylinder, dann zog er die falsche Karte aus dem Stapel, und die goldene Armbanduhr des Zauberkollegen fiel zertrümmert aus dem Samtsäckchen. Der Auftritt schien trotzdem ein Erfolg zu werden, da Escher sein Scheitern in eine Methode verwandelte. Mit jedem Versagen wuchsen die Sympathien für den ungeschickten Zauberer. Das Publikum bog sich vor Lachen. Bis er den Trick mit der zersägten Jungfrau probierte.
Als Escher aus dem Traum erwachte, war er nicht bei Bewusstsein, sondern fand sich in einem anderen Traum wieder. Auch dort wachte er auf, aber erneut führte die Tür des Erwachens nur in einen weiteren Traum. Escher musste sich durch mehrere Schichten Schlaf an die Oberfläche wühlen, bis er ein letztes Mal die Augen aufschlug und die Welt auf jene Weise sah, wie sie im wachen Zustand zu sein schien.
Als Escher einen Blick unter sein Bett warf, bemerkte er, dass der Zauberkasten bereits von Staub bedeckt war, obwohl erst eine Nacht vergangen sein konnte, seit er der Saatkrähe begegnet war. In jener Nacht entschied Escher, dass er den Zauberkasten nie öffnen würde. Wozu sollte er Menschen verzaubern.
Bei dem Zauberkasten handle es sich um eine außergewöhnliche Anfertigung aus dem vorletzten Jahrhundert, zischte der Alte durch vergilbte Zähne und sah Escher dabei aus schwarzen Glasperlen an, die zwischen den Furchen in seinem Gesicht glänzten und nur entfernt an Augen erinnerten.
Escher suchte nie Flohmärkte auf, er war zufällig in das Geschehen geraten. Als er sich zum Gehen wenden wollte, schlug der Alte seine Krallen in den Ärmel von Eschers Mantel. Er möge den Zauberkasten doch mitnehmen, krächzte der merkwürdige Vogel leise. Dabei kam seine gekrümmte Nase, die dem Schnabel einer Saatkrähe ähnlich war, Eschers Gesicht bedrohlich nahe. Verunsichert erwiderte Escher, er habe keinen Bedarf an Utensilien für Taschenspieler. Offenbar handle es sich um ein Missverständnis, zischte der Alte. Er wolle ihm kein Kinderspielzeug andrehen. Der Inhalt des Zauberkastens eröffne unglaubliche Möglichkeiten, sogar Menschen könne man damit verzaubern. Der einzige Nachteil sei, dass die Gebrauchsanleitung für die Zaubertricks abhanden gekommen war. Daher wolle er kein Geld für das antiquarische Stück, auch kein Stück von Eschers Seele, meinte der Alte zwinkernd, sondern es sei ein Geschenk, das man nicht ablehnen könne. Auch wenn ihm jetzt noch keine Verwendung in den Sinn käme, es würde der Tag kommen, an dem sich jeder einen Zauberkasten wünsche. Und wegen der fehlenden Gebrauchsanleitung solle sich Escher keine Sorgen machen. Man müsse experimentieren, irgendwann funktioniere jeder Trick. Escher wusste nicht, warum er den Kasten in seinen Händen hielt, als der Alte plötzlich verschwunden war. Die Saatkrähe schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
In der folgenden Nacht erlebte Escher einen Traum. Er war zur Halbmondfeier einer Zaubergilde geladen, wo jeder Anwesende seine Kunst vorführte. Als die Reihe an Escher war, öffnete er den Zauberkasten. Jeder Trick misslang. Die Ohren des Kaninchens ragten zu früh aus dem Zylinder, dann zog er die falsche Karte aus dem Stapel, und die goldene Armbanduhr des Zauberkollegen fiel zertrümmert aus dem Samtsäckchen. Der Auftritt schien trotzdem ein Erfolg zu werden, da Escher sein Scheitern in eine Methode verwandelte. Mit jedem Versagen wuchsen die Sympathien für den ungeschickten Zauberer. Das Publikum bog sich vor Lachen. Bis er den Trick mit der zersägten Jungfrau probierte.
Als Escher aus dem Traum erwachte, war er nicht bei Bewusstsein, sondern fand sich in einem anderen Traum wieder. Auch dort wachte er auf, aber erneut führte die Tür des Erwachens nur in einen weiteren Traum. Escher musste sich durch mehrere Schichten Schlaf an die Oberfläche wühlen, bis er ein letztes Mal die Augen aufschlug und die Welt auf jene Weise sah, wie sie im wachen Zustand zu sein schien.
Als Escher einen Blick unter sein Bett warf, bemerkte er, dass der Zauberkasten bereits von Staub bedeckt war, obwohl erst eine Nacht vergangen sein konnte, seit er der Saatkrähe begegnet war. In jener Nacht entschied Escher, dass er den Zauberkasten nie öffnen würde. Wozu sollte er Menschen verzaubern.
Labels: Escher
14 Comments:
weil ihm ein bisschen seele gar nicht schlecht stünde?
Scheiße, Kerl. Das ist riesig! Es liegt ein großer Zauber darin, so vollgestaubt und verschlossen der Kasten auch sein mag.
heute morgen wühlte sich die weckersau durch mehrere schichten schlaf zu mir durch. leider hatte ich keinen zauberkasten um mich zu wehren ... manchmal ist dieser escher schon schwer zu begreifen.
Viele Menschen zaubern aus Versagensängsten nicht.
Misslang der Trick mit der Jungfrau, weil sich rausstellte, dass sie gar keine war? :-)
Habe gerade unter mein Bett geschaut und musste feststellen, dass ich den Frühjahrsputz ein wenig vorziehen sollte.
Unter meinem Bett ist der Bettkasten mit Bettwäsche drin.
Als ich heute morgen erwachte, lag auf mir eine dicke Staubschicht.
/Frech'n'Nett: Kann man ein bisschen Seele wie ein Kleidungsstück in den Farben der Saison tragen?
/Ole: Der größte Trick ist das Öffnen des Zauberkastens.
/Mudshark: Gegen die Weckersau gibt es nur einen wirksamen Zaubertrick, den sogenannten Wandthrow.
/Scheibster: Ich vermute, der Trick misslang, weil Escher aufgrund des Erfolgs durch die Methode des Versagens Humor mit Ernst verwechselte. Die Erwähnung der Jungfrau halte ich für ein Ablenkungsmanöver.
/Erst beim zweiten Mal: Es freut mich, dass die Lektüre des Textes offenbar pragmatische Folgen hat und die Welt im großen Stil verändert.
/Ole: Das ist die ganz hohe Schule der Pragmatik!
/Phil: Vielleicht kann Erst beim zweiten Mal im Rahmen des vorgezogenen Frühjahrsputzes behilflich sein.
every season black, mister.
Wenn man kein Lehrling gewesen ist, funktioniert nichts im Leben - im Bett schon gar nicht und auch nicht darunter.
/Frech 'n' Nett: Particularly in the Yohji Yamamoto style, ma´am?
/Opa: Wenn das eine Anspielung auf Goethe sein soll, muss ich mich aufrichtig wundern.
particularly in ma'am's style, mister
I seem to suffer from a pink/black blindness.
my violent magic cap.
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