Drachenkot
Er hatte sie während seiner letzten Geschäftsreise auf dem Nachtmarkt für Delikatessen und Potenzmittel in Hongkong gekauft. Eine fahle Zwergin, die über einen einzigen Zahn in ihrer Mundhöhle und ein vernarbtes Loch an der Stelle ihres rechten Auges verfügte, drehte Georg Santorius die beiden Eier unter dem Hinweis an, dass er sie zwar möglichst schnell zubereiten, aber auf eine Dosierung nach Vorschrift achten solle. Die Alte behauptete, es handele sich um Dracheneier, die aus einer unzugänglichen Gegend in Kamtschatka stammten und wollte ihm zusätzlich eine kantonesische Dosierungsanleitung verkaufen. Aber Georg Santorius hatte nicht vor, das angebliche Drachengelege zwecks Doping seiner Manneskraft zu verspeisen. Die karmesinroten Eier waren als Geschenk für seine Frau Emily gedacht, die Eier aus aller Welt sammelte und präparierte.
Als Georg nach seiner Rückkehr den Koffer öffnete, fauchten ihn zwei drollige Drachenbabies zwischen der gebrauchten Wäsche an, worin er die Eier eingewickelt hatte. Emily war begeistert.
Aber nach einigen Wochen gerieten die Drachen zunehmend außer Kontrolle, denn sie ließen sich nicht erziehen. Als Haustiere waren die beiden ungeeignet, und Emilys anfängliche Muttergefühle wichen ihrem Hausfraueninstinkt.
- Wir sind doch keine Drachenaufzuchtstation,
beschwerte sich Emily, die aufgrund ihrer nordirischen Herkunft nicht leicht aus der Fassung zu bringen war, was die Existenz von Fabelwesen betraf. Aber der Kot, den die kleinen Drachen überall in der Wohnung hinterließen, stank höllisch und ließ sich nicht ohne Rückstände von den Perserteppichen entfernen. Die beiden ignorierten das eigens angeschaffte Katzenklo beharrlich. Irgendwann verlor Emily die Geduld.
- Die Drachen müssen weg!
Weil es sich bei den stinkenden Wesen um Illegale handelte, die er im Entwicklungsstadium über die Grenze am Frankfurter Flughafen geschmuggelt hatte, sah Georg keine andere Möglichkeit, als die beiden in eine abgenutzte Reisetasche zu stecken und während einer Neumondnacht den Kanaldeckel am Ende einer unbeleuchteten Sackgasse anzuheben, um die Drachen zu entsorgen.
Seither lebten in der Kanalisation unter dem Frankfurter Westend zwei Drachen aus Kamtschatka. Ein städtischer Mitarbeiter, der von absonderlichen Beobachtungen während seiner Tätigkeiten im Tunnelsystem unter der Stadt berichtete, wurde wegen wiederholtem Alkoholkonsum während der Dienstzeiten abgemahnt.
Aus dem Kot im Perserteppich entwickelten sich auf unerklärliche Weise sieben karmesinrote Eier.
Georg konnte der Versuchung nicht widerstehen und bereitete sich aus den sieben Dracheneiern ein Omelett. Es schmeckte köstlich, führte allerdings dazu, dass die Ehe von Georg und Emily Santorius in die Brüche ging. Um seinem Trieb Herr zu werden, suchte sich Georg eine neue Herausforderung in der Pornoindustrie. Sein Leben wäre anders verlaufen, wenn er ein paar Hong Kong Dollar in die Dosierungsanleitung von Drachenomelett und eine Übersetzung des Beipackzettels aus dem Kantonesischen investiert hätte.
--
>> Ein anderer Drachentöter
>> Noch ein anderer Georg
Als Georg nach seiner Rückkehr den Koffer öffnete, fauchten ihn zwei drollige Drachenbabies zwischen der gebrauchten Wäsche an, worin er die Eier eingewickelt hatte. Emily war begeistert.
Aber nach einigen Wochen gerieten die Drachen zunehmend außer Kontrolle, denn sie ließen sich nicht erziehen. Als Haustiere waren die beiden ungeeignet, und Emilys anfängliche Muttergefühle wichen ihrem Hausfraueninstinkt.
- Wir sind doch keine Drachenaufzuchtstation,
beschwerte sich Emily, die aufgrund ihrer nordirischen Herkunft nicht leicht aus der Fassung zu bringen war, was die Existenz von Fabelwesen betraf. Aber der Kot, den die kleinen Drachen überall in der Wohnung hinterließen, stank höllisch und ließ sich nicht ohne Rückstände von den Perserteppichen entfernen. Die beiden ignorierten das eigens angeschaffte Katzenklo beharrlich. Irgendwann verlor Emily die Geduld.
- Die Drachen müssen weg!
Weil es sich bei den stinkenden Wesen um Illegale handelte, die er im Entwicklungsstadium über die Grenze am Frankfurter Flughafen geschmuggelt hatte, sah Georg keine andere Möglichkeit, als die beiden in eine abgenutzte Reisetasche zu stecken und während einer Neumondnacht den Kanaldeckel am Ende einer unbeleuchteten Sackgasse anzuheben, um die Drachen zu entsorgen.
Seither lebten in der Kanalisation unter dem Frankfurter Westend zwei Drachen aus Kamtschatka. Ein städtischer Mitarbeiter, der von absonderlichen Beobachtungen während seiner Tätigkeiten im Tunnelsystem unter der Stadt berichtete, wurde wegen wiederholtem Alkoholkonsum während der Dienstzeiten abgemahnt.
Aus dem Kot im Perserteppich entwickelten sich auf unerklärliche Weise sieben karmesinrote Eier.
Georg konnte der Versuchung nicht widerstehen und bereitete sich aus den sieben Dracheneiern ein Omelett. Es schmeckte köstlich, führte allerdings dazu, dass die Ehe von Georg und Emily Santorius in die Brüche ging. Um seinem Trieb Herr zu werden, suchte sich Georg eine neue Herausforderung in der Pornoindustrie. Sein Leben wäre anders verlaufen, wenn er ein paar Hong Kong Dollar in die Dosierungsanleitung von Drachenomelett und eine Übersetzung des Beipackzettels aus dem Kantonesischen investiert hätte.
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>> Ein anderer Drachentöter
>> Noch ein anderer Georg
17 Comments:
Ganz schön prüde, diese Emily Santorius. Aber bei diesem Namen wundert mich das nicht wirklich. Ich kannte übrigens mal einen Drachen, der über die Fähigkeit verfügte, menschliche Gestalt anzunehmen, in jenem Fall die Gestalt eines weiblichen Wesens. Und ich kenne das Problem mit der nicht vorhandenen Dosierungsanleitung und den sich daraus entwickelnden Komplikationen.
Also ich habe ja vor jedem Mann Respekt (und ein bisschen Neid), der dank seines hohen Testosteronspiegels einen Erwachsenenspielfilm mit asynchromen Stöhnlauten länger als eine Minute ansehen kann ohne die Lautstärke ganz runter zu drehen.
Und der moderne Drachentöter hier ist eine Potenz-Ikone. Eine ganz große Potenz-Ikone.
Übrigens gab es diese Nacht ein Erbeben der Stärke 6 im Norden Kamtschatkas.
Schlagen die Drachen zurück?
Das mit dem Drachen als Haustier dass einem über den Kopf wächst ist ein klassisches Motiv. Spontan fällt mir Harry Potter ein (hüstel).
/Chris: Das Problem mit den Drachen besteht darin, dass man sie nicht mehr omelettieren kann, sobald sie geschlüpft sind. Und Drachenschnitzel sind zäh.
/TTR: Der von mir sehr geschätzte Tomi Ungerer hat irgendwann in den 1960ern asynchrone Stöhnlaute aufgenommen und über ein tragbares Tonbandgerät in belebten Fahrstühlen abgespielt. Das soll damals auch eine recht drachige Atmosphäre erzeugt haben.
Sieht ganz danach aus, als hätten sich die beiden Racker nach Kamtschatka durchgegraben.
/Lundi: Logo. S.a. Riesenwurm.
Hat das was mit Nepomuk zu tun, dem Spezie von Jim Knopf?
Drachen in der Frankforter Kanalisation?
Vielleicht darf man darauf hoffen, dass sie irgendwie ihren Weg durch die Abflussrohre in die Sanitärräume diverser Großbanken finden und sich da den ein oder anderen Manager als kleinen Snack genehmigen.
nepomuk war doch ein stubenreiner drache. und außerdem am ende der wärter in dem magnetberg und nicht in der frankfurter ubahn. es geht wohl eher um den goldenen drachen der weisheit formerly knows as frau mahlzahn ... die hat ja am ende nichts mher zu tun gehabt und ist wie georg in die pornobranche eingestiegen. war aber wohl nicht so der durchbruch.
Ich hätte dann auch gern ein Sechzehntel von dem Omelette.
@eon: nur nicht übertreiben, bitte. ^^
Ist ja nicht nur für mich.. :)
Und dabei sagt man immer, dass etwas Exotik dem Eheleben Würze geben kann.
Da bekomme ich Lust, Pratchetts "Wachen, Wachen!" noch einmal zu lesen.
Davon abgesehen: Haben Sie mal Dracheneier gegessen, die Kreativitäts-Viagra enthielten? :-)
/Andie Eier: Soweit ich mich erinnere, fuhr Lukas nicht die transsibirische Route.
/Falcon: Gegen die Drachen in den Banken hat kein aufrichtiges Fabelwesen eine Chance.
/Stard: Inzwischen scheint es Frau Mahlzahn ganz gut zu gehen.
/Eon: Alles oder nichts.
/Wort-Wahl: Der eigentliche Reiz liegt im Übertreiben der Übertreibung.
/DGT Steini: Exotik ist Firlefanz, die Würze liegt im Verzicht aufs Eheleben.
/Scheibster: Nein. Ich esse jeden Tag eine Portion von meinem Hirn.
ich muss zugeben, diesmal musste ich wirklich laut loslachen. sehr schön recherchiert herr quint, sher schön :D
Zweifellos das Zitat der Woche:
"Der Papst hat gesagt, dass Liebe und Eros gut für die Jugend sei. Bello! Gott ist Liebe, das habe ich schon immer gepredigt, porcaputtana!"
Die Zitate der Dame werden mit zunehmendem Alter reifer, früher verhielt sie sich verbal recht unartikuliert.
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