In den Abendnachrichten
In einem allabendlichen Ritual schaltete Escher den Fernsehapparat ein, pünktlich zu Beginn der Nachrichten im ersten Programm. Dann setzte er sich in den Ohrensessel und starrte geistesabwesend auf den Bildschirm.
Meistens hätte er nach Ende einer Sendung die Neuigkeiten nicht widergeben können, da er zwar hörte, was die Sprecher sagten und sah, was die Bilder zeigten, aber den Inhalten keine verweilende Bedeutung zuordnen konnte. Jede Nachricht schien sich ständig zu wiederholen.
Das Betrachten des Bildschirms während der Abendnachrichten war eine nicht zu ersetzende Gewohnheit, die er von seinen Eltern übernommen hatte. Seine Eltern hatten die Gewohnheit von ihren Eltern übernommen, und in den Generationen davor gab es andere abendliche Gewohnheiten.
An einem Dienstagabend trug es sich zu, dass Escher aus seiner Abwesenheit gerissen wurde. Für einen Moment glaubte er, in einem der Nachrichtenbeiträge sein eigenes Gesicht gesehen zu haben. Das konnte nicht sein, denn Escher war völlig unbekannt und für das Zeitgeschehen ebenso unbedeutend. Zu Beginn der Wettervorhersage hatte er das Bild von seinem Gesicht schon wieder vergessen.
Aber am Tag darauf wurde ein Beitrag gesendet, der keinen Zweifel offen ließ. Es war ein Beitrag über Escher in seinem Ohrensessel. Escher wußte nicht, wovon der Beitrag im Einzelnen handelte, denn er bekam nur die letzten Sekunden bewusst mit, da er zuvor in alter Gewohnheit geistesabwesend auf den Bildschirm gestarrt hatte. Er nahm sich vor, die Sendung am Abend des kommenden Tages mit größter Aufmerksamkeit zu verfolgen.
Tatsächlich kündigte der Nachrichtensprecher, der Escher nicht unähnlich sah, am folgenden Abend einen Bericht über Escher in seinem Ohrensessel an. Der Bericht zeigte Escher vor dem Fernseher und war mit einem Kommentar unterlegt, der Details aus Eschers abendlichen Routinen, wie das Portionieren der gesalzenen Erdnüsse, schilderte. Anschließend folgten zwei Berichte zum politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschehen.
Erwartungsvoll schaltete Escher das Fernsehgerät am Freitagabend ein. Er wurde nicht enttäuscht. Nun waren es sogar zwei Beiträge, in denen über Escher berichtet wurde. Einer zeigte ihn wieder im Wohnzimmer, und im anderen war er während einer Tätigkeit in der Küche zu sehen, die er kurz zuvor ausgeführt hatte. Es waren sehr spannende Berichte. Nach der Wettervorhersage konnte Escher kaum die Nachrichten am nächsten Abend erwarten.
Die Nachrichten wurden von Tag zu Tag interessanter, da die Berichte über ihn, Escher, einen immer breiteren Raum in den Sendungen einnahmen. Auch die verschiedenen Sprecher schienen sich in ihrem Aussehen und ihren Stimmen zunehmend dem Aussehen und der Stimme Eschers anzunähern.
Die Abendnachrichten bestanden schon eine Weile ausschließlich aus Beiträgen über ihn, und die Sprecher sahen aus und redeten, wie er, als Escher zu einem unbestimmten Zeitpunkt begann, die Inhalte nicht mehr bewusst wahrzunehmen.
Die Beiträge schienen sich zu wiederholen, aber vielleicht würde er aus seiner Abwesenheit gerissen, sobald man in den Abendnachrichten wieder über Begebenheiten aus einer anderen Welt berichten würde.
Meistens hätte er nach Ende einer Sendung die Neuigkeiten nicht widergeben können, da er zwar hörte, was die Sprecher sagten und sah, was die Bilder zeigten, aber den Inhalten keine verweilende Bedeutung zuordnen konnte. Jede Nachricht schien sich ständig zu wiederholen.
Das Betrachten des Bildschirms während der Abendnachrichten war eine nicht zu ersetzende Gewohnheit, die er von seinen Eltern übernommen hatte. Seine Eltern hatten die Gewohnheit von ihren Eltern übernommen, und in den Generationen davor gab es andere abendliche Gewohnheiten.
An einem Dienstagabend trug es sich zu, dass Escher aus seiner Abwesenheit gerissen wurde. Für einen Moment glaubte er, in einem der Nachrichtenbeiträge sein eigenes Gesicht gesehen zu haben. Das konnte nicht sein, denn Escher war völlig unbekannt und für das Zeitgeschehen ebenso unbedeutend. Zu Beginn der Wettervorhersage hatte er das Bild von seinem Gesicht schon wieder vergessen.
Aber am Tag darauf wurde ein Beitrag gesendet, der keinen Zweifel offen ließ. Es war ein Beitrag über Escher in seinem Ohrensessel. Escher wußte nicht, wovon der Beitrag im Einzelnen handelte, denn er bekam nur die letzten Sekunden bewusst mit, da er zuvor in alter Gewohnheit geistesabwesend auf den Bildschirm gestarrt hatte. Er nahm sich vor, die Sendung am Abend des kommenden Tages mit größter Aufmerksamkeit zu verfolgen.
Tatsächlich kündigte der Nachrichtensprecher, der Escher nicht unähnlich sah, am folgenden Abend einen Bericht über Escher in seinem Ohrensessel an. Der Bericht zeigte Escher vor dem Fernseher und war mit einem Kommentar unterlegt, der Details aus Eschers abendlichen Routinen, wie das Portionieren der gesalzenen Erdnüsse, schilderte. Anschließend folgten zwei Berichte zum politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschehen.
Erwartungsvoll schaltete Escher das Fernsehgerät am Freitagabend ein. Er wurde nicht enttäuscht. Nun waren es sogar zwei Beiträge, in denen über Escher berichtet wurde. Einer zeigte ihn wieder im Wohnzimmer, und im anderen war er während einer Tätigkeit in der Küche zu sehen, die er kurz zuvor ausgeführt hatte. Es waren sehr spannende Berichte. Nach der Wettervorhersage konnte Escher kaum die Nachrichten am nächsten Abend erwarten.
Die Nachrichten wurden von Tag zu Tag interessanter, da die Berichte über ihn, Escher, einen immer breiteren Raum in den Sendungen einnahmen. Auch die verschiedenen Sprecher schienen sich in ihrem Aussehen und ihren Stimmen zunehmend dem Aussehen und der Stimme Eschers anzunähern.
Die Abendnachrichten bestanden schon eine Weile ausschließlich aus Beiträgen über ihn, und die Sprecher sahen aus und redeten, wie er, als Escher zu einem unbestimmten Zeitpunkt begann, die Inhalte nicht mehr bewusst wahrzunehmen.
Die Beiträge schienen sich zu wiederholen, aber vielleicht würde er aus seiner Abwesenheit gerissen, sobald man in den Abendnachrichten wieder über Begebenheiten aus einer anderen Welt berichten würde.
Labels: Escher
8 Comments:
Wunderbarer beitrag der ziemlich hervorragend mit dem vorherigen in beziehung steht. Klasse wie es "Escher" schafft das problem der nachrichten darzustellen.
Escher is the best....:-)....wieder ein Gedanke für den Tag.
Eine Frage hätte ich noch:
Wie machst du es, bei dieser Hitze so produktiv und auch noch so qualitativ gut zu posten?
@Quellenbeck: Merci für die Blumen!
@Schafswelt: Welche Hitze? Auf dem Stern, von dem ich komme, sind das Temperaturen nahe des Gefrierpunkts.
Endphase der Individualisierung!
Du hast Dich hiermit auf jeden Fall als neuer Mitinsasse für meine Blogos-Anstalt qualifiziert...;-)
Teil 3 wird heute veröffentlicht.
Escher for President!
Ich frage mich welchen Stellenwert das Leben im Weltbild Eschers hat. Welchen Sinn hat für ihn sein Leben?
Sein Ruhm und Bekanntheit werden ihm schnell langweilig. Scheinbar funktioniert er nur und lebt nicht...
Lebt er vielleicht als Hauptdarsteller der Truman Show in einer künstlichen Welt und will aus ihr nicht ausbrechen?!
@Mkh: Das wäre zumindest eine halbwegs neue Perspektive bzw. Abwechslung für die hiesigen gesellschaftlichen Verhältnisse. Hatten wir das letzte Mal vor etwa 40 Jahren.
@Nomak: Die Blogos-Anstalt ist eine höchstrühmliche Institution zum Wohle der Geselschaft!
@Martha: Martha for president!
@Ttr: Man müsste ihn fragen. Aber ich vermute, er wüsste mit der Frage nicht viel anzufangen, da er sich stets nur wundert, ohne sich jedoch über den Sinn oder Ursprung des Wunderns tiefere Gedanken zu machen.
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