Inventarnummer 1
Der Gedanke über den Sinn ist im Ablagesystem des menschlichen Gehirns mit der Inventarnummer 1 gekennzeichnet. Das ist erstaunlich, weil doch jeder weiß, dass der Sinn sich zwar einkreisen lässt, aber am Ende ebenso unauffindbar bleibt, wie die Nadel im Gedankenhaufen. Grundsätzlich. Das ist ein Naturgesetz. Die gesamte Geistesgeschichte ist ein Beleg für dieses Naturgesetz.
Infolge der Logik dürfte auch der Unsinn als das Gegenteil des Sinns nicht zu orten sein. Mit dem Unsinn verhält es sich jedoch anders. Noch erstaunlicher als das verzweifelte Ringen um den Sinn ist das Phänomen, dass der Unsinn sich überall offen zeigt und bei näherer Betrachtung jederzeit deutlich erkennbar ist.
Zur Illustration dieser Behauptung sei als Beispiel das Suchtverhalten genannt. Bis ich vor etwa zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört habe, hatte ich große Vorbilder, was den exzessiven Konsum von Tabak betraf. Der kürzlich verstorbene Rudi Carell gehörte als legendärer Kettenraucher ebenso dazu, wie Robert Musil, der von sich behauptete: Ich lebe, um zu rauchen.
Zu Beginn einer Raucherkarriere mag die anregende Wirkung einer Zigarette die Illusion vom Sinn dieser Beschäftigung vermitteln. Den beflügelnden Effekt des Nikotins kann ein Kettenraucher jedoch nicht mehr erzielen, und so besteht der vermeintliche Sinn des Konsums irgendwann nur noch darin, nervöse Hände zu beschäftigen und den Lippen das Gefühl einer weichen, warmen Berührung zu vermitteln.
William S. Burroughs, der sich bis ins hohe Alter ausgesprochen aktiv mit dem Konsum von Heroin und anderen Suchtstoffen beschäftigt hat, vertrat zum Thema Sucht die Meinung, dass der Sinn des Konsums nicht im Rausch, sondern in der Sucht selbst besteht, die irgendwann mit allen ihren spezifischen Folgen zum Lebensinhalt wird.
Bis vor nicht allzu langer Zeit erfuhr die Nikotinsucht trotz ihrer negativen Begleiterscheinungen nicht nur große gesellschaftliche Verbreitung, sondern auch eine hohe Akzeptanz. Aus heutiger Sicht erscheint es befremdlich, wenn die Personen in älteren Romanen völlig unbedarft am Bett eines Patienten im Krankenhaus rauchten, wie z.B. in Les anneaux de Bicêtre (1962) von George Simenon.
Der Unsinn des Rauchens ist wie fast jeder andere Unsinn einem Trendverhalten unterworfen. Bald werden Raucher in Gaststätten ein exotischer, vielleicht sogar verbotener Anblick sein. Und irgendwann wird das Rauchen wieder ausreichend exotisch und verschmäht sein, um eine Renaissance zu erfahren. Einige Vorreiter werden den Trend einleiten und die Masse wird folgen. Unsinn kommt und geht. Und kommt wieder.
Addiert man die Teilmengen des täglichen Unsinns, erhält man in der Summe die Gesamtheit eines großen, alles umfassenden Unsinns. Darin wäre Logik erkennbar. Besteht der Sinn also im Unsinn?
Infolge der Logik dürfte auch der Unsinn als das Gegenteil des Sinns nicht zu orten sein. Mit dem Unsinn verhält es sich jedoch anders. Noch erstaunlicher als das verzweifelte Ringen um den Sinn ist das Phänomen, dass der Unsinn sich überall offen zeigt und bei näherer Betrachtung jederzeit deutlich erkennbar ist.
Zur Illustration dieser Behauptung sei als Beispiel das Suchtverhalten genannt. Bis ich vor etwa zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört habe, hatte ich große Vorbilder, was den exzessiven Konsum von Tabak betraf. Der kürzlich verstorbene Rudi Carell gehörte als legendärer Kettenraucher ebenso dazu, wie Robert Musil, der von sich behauptete: Ich lebe, um zu rauchen.
Zu Beginn einer Raucherkarriere mag die anregende Wirkung einer Zigarette die Illusion vom Sinn dieser Beschäftigung vermitteln. Den beflügelnden Effekt des Nikotins kann ein Kettenraucher jedoch nicht mehr erzielen, und so besteht der vermeintliche Sinn des Konsums irgendwann nur noch darin, nervöse Hände zu beschäftigen und den Lippen das Gefühl einer weichen, warmen Berührung zu vermitteln.
William S. Burroughs, der sich bis ins hohe Alter ausgesprochen aktiv mit dem Konsum von Heroin und anderen Suchtstoffen beschäftigt hat, vertrat zum Thema Sucht die Meinung, dass der Sinn des Konsums nicht im Rausch, sondern in der Sucht selbst besteht, die irgendwann mit allen ihren spezifischen Folgen zum Lebensinhalt wird.
Bis vor nicht allzu langer Zeit erfuhr die Nikotinsucht trotz ihrer negativen Begleiterscheinungen nicht nur große gesellschaftliche Verbreitung, sondern auch eine hohe Akzeptanz. Aus heutiger Sicht erscheint es befremdlich, wenn die Personen in älteren Romanen völlig unbedarft am Bett eines Patienten im Krankenhaus rauchten, wie z.B. in Les anneaux de Bicêtre (1962) von George Simenon.
Der Unsinn des Rauchens ist wie fast jeder andere Unsinn einem Trendverhalten unterworfen. Bald werden Raucher in Gaststätten ein exotischer, vielleicht sogar verbotener Anblick sein. Und irgendwann wird das Rauchen wieder ausreichend exotisch und verschmäht sein, um eine Renaissance zu erfahren. Einige Vorreiter werden den Trend einleiten und die Masse wird folgen. Unsinn kommt und geht. Und kommt wieder.
Addiert man die Teilmengen des täglichen Unsinns, erhält man in der Summe die Gesamtheit eines großen, alles umfassenden Unsinns. Darin wäre Logik erkennbar. Besteht der Sinn also im Unsinn?
7 Comments:
alles ereignet sich zyklisch. vieles vermengt sich dabei. gestern in der u-bahn: ein jugendlicher mit baggy pants, goldkettchen, oversize-kapuzenpulli, schnauz und vokuhila. als hätte man einen freddy mercury in die falschen klamotten gesteckt. *g*
Ich glaube, den "Sinn des Lebens" kann eigentlich nur jeder für sich selbst und ganz individuell und subjektiv in seinem eigenen Leben entdecken. Letzten Endes halte ich es etwa mit Hesse`s Sinclair, der meinte, er wollte doch immer nur DAS leben, was von selbst aus ihm heraus wollte (frei nach "Demian"). - "Sinn" kann ich vor allem darin erkennen, sein eigenes Leben so zu gestalten, dass man exakt DA seine Lebenslektionen lernt und umsetzt, wo man Bedürfnisse und Defizite hat, wo es etwas zu lernen und umzusetzen gibt; Motto: Stell dich deinen ganz eigenen Herausforderungen... - und das kann für manch einen auch die Entdeckung des Unsinns sein.
@c17h19no3: Klassisch moderner Hiprockhoprap bzw. Retrofastforward.
@Mkh: Das Leben ist ein Lernprozess und nimmt keine Rücksicht darauf, ob das Lernen und das Gelernte Sinn oder Unsinn macht. Gute Anregung, mal wieder Hesse zu lesen. Lange vernachlässigt.
Das Leben ist ein Lernprozess, und wenn ich selbst mit meinem Lernprozess glücklich bin, erlebe ich persönlich meinen ganz individuellen Lebenssinn!
Ja, der gute alte "Demian" könnte eines der Bücher sein, das mich von ungefähr 14 bis ungefähr 104 durch´s Leben begleiten könnten.
(Dass zwischen 14 und 104 nur eine "0" steht, soll uns hier jetzt nicht weiter beschäftigen...)
... nö, weil da könnte auch beliebig eine 5 oder eine 9 oder eine 27 stehen.
Eigentlich besteht das Leben nur aus Unsinn oder warum glaubst du gibt es Blogs? ;)
@mq
...oops, ich meinte eigentlich, dass 14 (Lebensjahre)und 104 (Lebensjahre) sich nur durch eine 0 voneinander unterscheiden, habe mich da etwas sinnentleerend verquatscht, aber auch wurschd...
@martha
Stimmt, Blogs sind zweifellos UNSINN pur, aber gibt es irgendetwas auf der Welt, das dem Unsinn auf subtilere Weise den Anschein von SINN verleiht?!?
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