München - Venedig (IX): Jausenzone!
Das Schild wirkte bedrohlicher als ein vereister Berg. Auch die gewaltigen Wassermassen des Stausees, in dessen Ufernähe man es aufgestellt hatte, verloren angesichts der plakativen Botschaft an Bedrohlichkeit. Zu meiner Erleichterung war jene Jausenzone am frühen Morgen noch geschlossen, denn ich wollte unter keinen Umständen erfahren, durch welche Angebotspalette sich das Geschäftsmodell auszeichnete. Als der schaurige Ort hinter mir lag, musste ich mich einige Male zwanghaft umdrehen, um mich zu vergewissern, dass mir niemand folgte. Wer könnte beim Anblick des Schildes mit Bestimmtheit die Herkunft des Brötchenbelags benennen oder ausschließen, dass in der Zonengegend Kannibalen hausten?
Vielleicht war es auch nur ein flüchtiger Regen, der mir Schauer über den Rücken jagte. Wenn sich dunkelgraue Wolken wie ein Firmament aus Felsen über der Wildnis verdichten, versteht man die Furcht von Gallierhäuptling Majestix, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte.
Nachdem ich in der Nähe des Dorfes Stein die italienische Grenze überquert hatte, wurde der Regen stärker, und auf dem Weg zum Gliderschartl war es dann, als bahnte man sich einen Weg durch Wasserwände. Mir kam eine Gruppe entgegen, die wegen des Wetters umgekehrt und abgestiegen waren. Einer brüllte durch die Wasserwände in meine Richtung, es sei unmöglich, auf diesem Weg Pfunders zu erreichen. "Fundres? Im-poo-ssi-ble too-day!" Sie waren Italiener und trugen modisches Outdoor-Outfit. Ich war Outsider und ging weiter. Der Regen verwandelte sich während des Aufstiegs in Hagel. Die Temperatur schien mit jedem Höhenmeter zu fallen, während mir der Himmel auf den Kopf fiel.
Unter dem Gliderschartl blickte ich in ein hagelweißes Tal, das von steilen Bergen umschlossen war. Die Kamera hatte ich wetterfest im Rucksack verpackt, und auch wegen der Kälte holte ich sie nicht hervor. Jener märchenhafte Anblick verankerte sich tief in meinem Gedächtnis, die nüchterne Dimension einer Fotografie hätte die Erinnerung im Moment ihres Entstehens zerstört.
Am höchsten Punkt des Gliderschartls verweilte ich keinen Moment. In frostigen Temperaturen kühlt der angestrengte Körper schnell aus, und wenn die Zähne unkontrollierbar aufeinander schlagen, ist es nicht mehr weit zur äußeren Grenze der Erschöpfung. Der Abstieg war leicht zu bewältigen und führte bald durch Almwiesen, wo die größte Herausforderung darin bestand, Kuhfladen auszuweichen. Ein schöner Anblick waren Pferde, die am Hang grasten.
Besonders reizvoll beim Reisen, aber auch im Alltag, ist ein beständiger Perspektivenwechsel zwischen den kleinen und großen Dingen innerhalb unseres Mesokosmos, der unmittelbar wahrnehmbaren Welt. Und manchmal gelingt es, eine Vorstellungskraft für die unendliche Vielzahl von Welten im Mikro- und Makrokosmos zu entfalten.
(...)
Vielleicht war es auch nur ein flüchtiger Regen, der mir Schauer über den Rücken jagte. Wenn sich dunkelgraue Wolken wie ein Firmament aus Felsen über der Wildnis verdichten, versteht man die Furcht von Gallierhäuptling Majestix, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte.
Nachdem ich in der Nähe des Dorfes Stein die italienische Grenze überquert hatte, wurde der Regen stärker, und auf dem Weg zum Gliderschartl war es dann, als bahnte man sich einen Weg durch Wasserwände. Mir kam eine Gruppe entgegen, die wegen des Wetters umgekehrt und abgestiegen waren. Einer brüllte durch die Wasserwände in meine Richtung, es sei unmöglich, auf diesem Weg Pfunders zu erreichen. "Fundres? Im-poo-ssi-ble too-day!" Sie waren Italiener und trugen modisches Outdoor-Outfit. Ich war Outsider und ging weiter. Der Regen verwandelte sich während des Aufstiegs in Hagel. Die Temperatur schien mit jedem Höhenmeter zu fallen, während mir der Himmel auf den Kopf fiel.
Unter dem Gliderschartl blickte ich in ein hagelweißes Tal, das von steilen Bergen umschlossen war. Die Kamera hatte ich wetterfest im Rucksack verpackt, und auch wegen der Kälte holte ich sie nicht hervor. Jener märchenhafte Anblick verankerte sich tief in meinem Gedächtnis, die nüchterne Dimension einer Fotografie hätte die Erinnerung im Moment ihres Entstehens zerstört.
Am höchsten Punkt des Gliderschartls verweilte ich keinen Moment. In frostigen Temperaturen kühlt der angestrengte Körper schnell aus, und wenn die Zähne unkontrollierbar aufeinander schlagen, ist es nicht mehr weit zur äußeren Grenze der Erschöpfung. Der Abstieg war leicht zu bewältigen und führte bald durch Almwiesen, wo die größte Herausforderung darin bestand, Kuhfladen auszuweichen. Ein schöner Anblick waren Pferde, die am Hang grasten.
Besonders reizvoll beim Reisen, aber auch im Alltag, ist ein beständiger Perspektivenwechsel zwischen den kleinen und großen Dingen innerhalb unseres Mesokosmos, der unmittelbar wahrnehmbaren Welt. Und manchmal gelingt es, eine Vorstellungskraft für die unendliche Vielzahl von Welten im Mikro- und Makrokosmos zu entfalten.
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7 Comments:
outsider machen immer den eingeschlagenen weg zu ende - per definition. ich würde leuten mit neumodischer outdoorbekleidung auch nicht vertrauen. von einem bergretter habe ich einmal erfahren, dass diese leute seine typische kundschaft sind.
das wespenbild ist klasse!
Schlecht fotografiert. Aber ansonsten durchaus lecker. Dat Leberkässemmel.
Frühe Fleischereifachgeschäfterinnerungen ziehen durch mein Bewustsein....
Und das Hageltal klingt toll!
Bei den Pferdchen muss ich an die Toskana denken. Dortn lässt man die Tierchen für eine Zeit in die Wildnis zurück, sich vermehren, und fängt sie dann wieder ein. Seltsame Sitte, aber nicht unklug.
Ach ja...
(Wortbestätigung: caldi..?)
Vermutlich habe ich's schon mal erwähnt, aber was soll's: diese Reisebeschreibung ist fucking großartig, bimbam.
Je weniger die Gegend einen mit Reizen bombardiert, desto mehr berauscht man sich an den Einblicken in die anscheinend so unscheinbaren Nebenschauplätze der Natur. Eine interessante Erfahrung. Aber sein Sie beruhigt. Die Stadt wird Ihnen das wieder austreiben!
/MudShark: Gibt es nicht auch diese Mode, sich retten zu lassen?
/Frau H.: Handelt es sich um >>Maremmano-Pferde? Und vermehren sich diese Tiere etwa nur in der Wildnis?
(Das Wortbestätigungsorakel liegt vollkommmen daneben.)
/stilhäschen: Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang zwar nicht an die Worte fucking und bimbam aus Ihrer Feder, aber von solchen Erwähnungen kann man nicht genug bekommen.
/joppi: Ihren Optimismus möchte man haben!
diese mode kenne ich nur aus schwimmbädern.
wortbestätigung: resslogy
da ist doch was faul!
Auch wenn ich grundsätzlich denke, dass die Vermehrung in der Wildnis der bessere Weg ist, so muss ich doch gestehen: ich weiss es nicht. Weder das einen noch das andere...aber ich glaube sie waren weniger warmblütig. (Sollte ich bei Gelegenheit einmal das Foto davon finden - ein Umstand der gerade unmöglich ist - so werde ich es für Sie zum Vergleich abfotografieren...)
(Wortbestätigung: Hesse? Werden Sie beobachtet???)
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