Gezeichnet
Das Servicelächeln der Bedienung versickerte unter ihren schwarzen Lippen, als er sie fragte, welche Rumsorte der Barkeeper zum Mixen des Mojito verwendet. Die Art, wie sie sich über den Tresen beugte, brachte den Zeichner auf den Gedanken, dass man zwischen der Tiefe eines Dekolletés und der Höhe der Intelligenz ebenso wenige Zusammenhänge herstellen konnte, wie zwischen der Breite eines Kreuzes und der Weite der Seele. Er bestellte ein Bier.
Warum hatte er ihr Kommen nicht bemerkt? Die Frau mit dem grauen Hut musste schon eine Weile neben ihm gesessen haben, ihr Gin Tonic war halbleer. Das brachte ihn für einen Moment aus der Fassung. Als er die Bar in der Straße des 29. Februar betreten hatte, war er der einzige Gast. Die schwarzen Lippen standen in einer Aura geübter Langeweile hinter dem Tresen und rauchten.
Alle anderen Plätze waren frei, aber sie hatte sich ausgerechnet neben ihn gesetzt. Der ungewöhnliche Duft ihres Parfums erinnerte ihn an den Geschmack des eigenen Blutes beim Lecken einer Wunde.
- Bin ich eigentlich oft hier?
Der Zeichner wunderte sich darüber, wie der missglückte Scherz einen Weg durch seine zusammengepressten Zähne finden konnte. Sie schaute ihn ohne die geringste Regung an. Der Blick aus den Tiefen ihrer Smaragdaugen funkelte unter dem Schatten der Hutkrempe und berührte ihn wie ein kalter Windhauch. Sein Gesicht stand in frostigen Flammen. Der Zeichner war kurz davor, in den Abgrund ihres Schweigens zu fallen, als sie zu sprechen begann. Es war wie in einem schlecht synchronisierten Film. Die Bewegungen ihrer Lippen passten nicht zu den Wörtern, die durch die zerkratzte Barmusik zu ihm drangen.
- Manchmal erscheint das Leben wie gezeichnet. Als ob die Szenen, durch die man sich bewegt, aus einem fremden Kopf von fremder Hand auf das Szenario einer zweidimensionalen Welt übertragen werden. Weil wir unsere Wirklichkeit nicht selbst erschaffen können, besuchen wir unwirkliche Orte wie diese Bar und erschaffen Illusionen von Melancholie oder Zuversicht.
- Alles besteht aus Bildern. Welche Rolle sollte es spielen, ob es dabei einen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Illusion gibt?
Während sie gemeinsam zu seiner Wohnung gingen, ließ er seine Faust über den rauen Verputz der Häuser gleiten. Er spürte nicht, wie die Haut über den Knöcheln abschürfte.
Der Zeichner erwachte in einem Nebel unscharfer Erinnerungen und wunderte sich, warum ein grauer Hut auf dem Nachttisch lag. Er nahm die Beretta aus der Schublade, die Waffe roch nach warmem Metall. Am Zeichentisch schaute er sich sein Werk der vergangenen Nacht an. Perfekt. Besonders gut war ihm die düstere Atmosphäre in der Bar gelungen. Beim Betrachten der folgenden Bilder weiteten sich seine Augen.
- Polizei. Öffnen Sie die Tür!
Als sie an seiner Wohnungstür klopften, wusste er, wie die letzten Bilder der Geschichte aussehen mussten. Aber er würde nicht mehr dazu kommen, den Schluss zu zeichnen. Mit gesenktem Kopf ging der Zeichner zum Nachttisch. Dabei vermied er es, in die Blutlache zu treten.
Warum hatte er ihr Kommen nicht bemerkt? Die Frau mit dem grauen Hut musste schon eine Weile neben ihm gesessen haben, ihr Gin Tonic war halbleer. Das brachte ihn für einen Moment aus der Fassung. Als er die Bar in der Straße des 29. Februar betreten hatte, war er der einzige Gast. Die schwarzen Lippen standen in einer Aura geübter Langeweile hinter dem Tresen und rauchten.
Alle anderen Plätze waren frei, aber sie hatte sich ausgerechnet neben ihn gesetzt. Der ungewöhnliche Duft ihres Parfums erinnerte ihn an den Geschmack des eigenen Blutes beim Lecken einer Wunde.
- Bin ich eigentlich oft hier?
Der Zeichner wunderte sich darüber, wie der missglückte Scherz einen Weg durch seine zusammengepressten Zähne finden konnte. Sie schaute ihn ohne die geringste Regung an. Der Blick aus den Tiefen ihrer Smaragdaugen funkelte unter dem Schatten der Hutkrempe und berührte ihn wie ein kalter Windhauch. Sein Gesicht stand in frostigen Flammen. Der Zeichner war kurz davor, in den Abgrund ihres Schweigens zu fallen, als sie zu sprechen begann. Es war wie in einem schlecht synchronisierten Film. Die Bewegungen ihrer Lippen passten nicht zu den Wörtern, die durch die zerkratzte Barmusik zu ihm drangen.
- Manchmal erscheint das Leben wie gezeichnet. Als ob die Szenen, durch die man sich bewegt, aus einem fremden Kopf von fremder Hand auf das Szenario einer zweidimensionalen Welt übertragen werden. Weil wir unsere Wirklichkeit nicht selbst erschaffen können, besuchen wir unwirkliche Orte wie diese Bar und erschaffen Illusionen von Melancholie oder Zuversicht.
- Alles besteht aus Bildern. Welche Rolle sollte es spielen, ob es dabei einen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Illusion gibt?
Während sie gemeinsam zu seiner Wohnung gingen, ließ er seine Faust über den rauen Verputz der Häuser gleiten. Er spürte nicht, wie die Haut über den Knöcheln abschürfte.
Der Zeichner erwachte in einem Nebel unscharfer Erinnerungen und wunderte sich, warum ein grauer Hut auf dem Nachttisch lag. Er nahm die Beretta aus der Schublade, die Waffe roch nach warmem Metall. Am Zeichentisch schaute er sich sein Werk der vergangenen Nacht an. Perfekt. Besonders gut war ihm die düstere Atmosphäre in der Bar gelungen. Beim Betrachten der folgenden Bilder weiteten sich seine Augen.
- Polizei. Öffnen Sie die Tür!
Als sie an seiner Wohnungstür klopften, wusste er, wie die letzten Bilder der Geschichte aussehen mussten. Aber er würde nicht mehr dazu kommen, den Schluss zu zeichnen. Mit gesenktem Kopf ging der Zeichner zum Nachttisch. Dabei vermied er es, in die Blutlache zu treten.
13 Comments:
Eine weitere Quintese mit einem direkten Zusammenhang zwischen kleinem Format und großartigem Inhalt! Grandios.
Sehr schön! Ich war das ganze Wochenende dabei zu beschließen, einen Gedankencluster zum Wort "Blut" aus mir herausfließen zu lassen. Warscheinlich hast du das mitbekommen...
Tun Sie mir bitte einen Gefallen: nehmen Sie niemals LSD! Und dann noch was anderes klugscheissendes: Zusammenhänge lassen sich zwischen allem herstellen, nur nicht immer kausale Zusammenhänge...obwohl, man kann eigtnlich nie so ganz wissen...
varadero?
anejo reserva?
/MKH: Merci für die wohlwollende Herstellung dieses Zusammenhangs.
/Eon: Auch dein Blutcluster hat rote Spritzer auf meiner Hirnrinde hinterlassen.
/der Nachbar: Die Warnung kommt über zwanzig Jahre zu spät. Aber keine Sorge, ich verhalte mich meistens antizyklisch.
/Frech'n'Nett: Zuerst dachte ich an den gleichnamigen japanischen Plastikbecher. Dann an eine Schiffswerft, und zuletzt an Kuba. Komische Konditionierung. Naja, man will mir solche Schoten nie glauben, aber ich habe es tatsächlich schon erlebt, dass ein Barkeeper in einer Mojito-Situation zum Bac**di gegriffen hat !!!
@mq: wie, immer antizyklisch? Versuche ich auch, gelingt mir nur nicht so ganz.
glasklare absicht meinerseits. und ich habe dich keine sekunde unterschätzt!
ist ja noch schlimmer als eine mojitosituation mit cachaça lösen zu wollen...
Alles fliesst und sammelt sich in Lachen. Ich trete immer hinein. Nur mit LSD hat das bei mir nichts zu tun, eher mit Reggae.
@der nachbar: Bei mir ist mit Ratschlag Nummer 1 auch schon alles zu spät! Was denken Sie denn woher...
...und die Zusammenhänge lassen sich deshalb so leicht knüpfen, weil ja alles irgendwie zusammenhängt. ;)
Aus "frostigen Flammen" werde ich mir eine Kette basteln. Diese Woche wird sie als Würgehalsband mich schmücken.
Nächste Woche weiß ich noch nicht was ich vorhabe.
/der Nachbar: Manchmal gelingt es mir auch nicht. Beispielsweise bin ich mit meinem guten Vorsatz zum letzten Jahreswechsel, das Rauchen wieder anzufangen, keinen nennenswerten Schritt vorangekommen.
/Frech'n'Nett: Meine zeitweisen Umnachtungen gipfeln eher in der Befürchtung, überschätzt zu werden. Freunden des Caipi - typisches After-Party-Work-Getränk - passiert das vermutlich weniger häufig.
/NB Hamburg (noch): Irie, man! Meine lachhaften Ausrutscher haben ebenso wenig mit LSD oder DSDS zu tun, wie mit karibischem Offbeat.
/Joppi: Nächste Woche könntest du dir überlegen, wie man die Kette zur nachhaltigen Energieversorgung nutzen könnte. (Nur ein Vorschlag.)
Als seien die Schlupflider wegrasiert und dringe alles schutzlos ein. Intensiv, sprachlich fantastisch, geschickt gekordelt. Ein HipHopper sägte hier vielleicht "Altaaaaaaaa!" und rupfte seine Baggypants respektvoll ein paar Zentimeter höher.
Wadadadäng, wadadadängdäng, listen to my nine millimeter go BANG! (Public Enemy)
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