42,6 Grad in der Dämmerung
Menschen. Alle gleich. Haben sich als Laune der Evolution durchgesetzt, wie sich irgendwann jede schlechte Laune durchsetzt. Struggle for life, survival of the worst. Man sollte sie zwar nicht auf ihre gemeinsamen Bedürfnisse reduzieren, aber selbst wenn man diese Wesen einzeln betrachtet, unterscheiden sie sich nicht voneinander. Dabei unterstellen sie ihrer eigenen Art, jeder anderen Daseinsform durch die besondere Ausprägung geistiger Fähigkeiten überlegen zu sein. Lächerlich. Sie halten die Kombinationsmöglichkeiten ihrer Gedanken für unbegrenzt. Aber tatsächlich ist jeder Einfall, den ihr zerebraler Gewebeklumpen auf unspektakuläre Weise erzeugt, eine Wiederholung. Ständig wiederkehrende Gedanken werden mit einer bemerkenswerten Unermüdlichkeit in Variationen abgesondert. Diese Form des Bewusstseins, das auf banale Stoffwechselprozesse angewiesen ist, gehört zu den primitivsten Kategorien. Vor allem der dunkelste Teil ihres Bewusstseins, den sie Gefühlsleben nennen, ist schwach entwickelt und bildet schablonenartig immer wieder dieselben Reize ab. Davon abgesehen, dass Menschen nicht in der Lage sind, neue Ideen zu entwickeln, ist ihnen eine kollektive Vernetzung des Bewusstseins nicht
Hier endet das gedankliche Protokoll einer Tsetsefliege im Anflug auf die Armbeuge ihrer Zielperson. Das Insekt drang mit seinen Saugrüssel unter die weiche Haut und wurde kurz darauf zerquetscht. Das Bewusstsein der Fliege war jedoch nicht auf Stoffwechselprozesse angewiesen und existierte körperlos weiter, bis es eine neue Chitinkarosse besetzte.
Durch den Stich der Tsetsefliege wurden Trypanosoma in den Organismus übertragen, und nach drei Wochen brach das Fieber aus. Die Erreger vermehrten sich. Über elektrische Stürme im zerebralen Gewebeklumpen ihres Wirts und Schülers erzeugten sie ihre Träume, in denen sie den Kranken Erkenntnis lehrten. Denn auch die Erreger der Schlafkrankheit gehörten einer höher entwickelten Bewusstseinskategorie an, die sich der Tsetsefliege als Transportmittel bediente.
Beim Anblick der Traumzeichen aus einer anderen Welt krümmte sich der Fiebernde auf seiner Lagerstätte, während er stöhnte und dabei im eigenen Schweiß fast ertrank, im eigenen Gestank fast erstickte. Er schwamm und schnappte nach Luft, aber er hielt die Schmerzen und Bilder der Erkenntnis aus. Als er endlich im Fieber alles klar sah, verließ sein Bewusstsein das überhitzte Gefährt des Körpers. Selbständig setzte es seine Reise auf einem staubigen Weg fort, ohne sich nach dem auskühlenden Wrack umzusehen, das im Dämmerzustand vegetierte. Das Bewusstsein bewegte sich in eine Richtung, die weder ins Licht, noch in die Dunkelheit führte. Aber es war davon überzeugt, dass es die richtige Richtung war. Denn es kam nicht auf die Richtung an, sondern auf die Bewegung.
Vielleicht wird das Protokoll irgendwann fortgeführt. Vom kollektiven Bewusstsein der Tsetsefliege oder einzelligen Trypanosoma. Vielleicht auch vom Bewusstsein eines Fiebernden. Vielleicht wird es auch nicht fortgeführt, weil höhere Bewusstseinsformen die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Mensch als Verschwendung von Ressourcen betrachten und sich auf die Suche nach noch höheren Bewusstseinsformen begeben.
Hier endet das gedankliche Protokoll einer Tsetsefliege im Anflug auf die Armbeuge ihrer Zielperson. Das Insekt drang mit seinen Saugrüssel unter die weiche Haut und wurde kurz darauf zerquetscht. Das Bewusstsein der Fliege war jedoch nicht auf Stoffwechselprozesse angewiesen und existierte körperlos weiter, bis es eine neue Chitinkarosse besetzte.
Durch den Stich der Tsetsefliege wurden Trypanosoma in den Organismus übertragen, und nach drei Wochen brach das Fieber aus. Die Erreger vermehrten sich. Über elektrische Stürme im zerebralen Gewebeklumpen ihres Wirts und Schülers erzeugten sie ihre Träume, in denen sie den Kranken Erkenntnis lehrten. Denn auch die Erreger der Schlafkrankheit gehörten einer höher entwickelten Bewusstseinskategorie an, die sich der Tsetsefliege als Transportmittel bediente.
Beim Anblick der Traumzeichen aus einer anderen Welt krümmte sich der Fiebernde auf seiner Lagerstätte, während er stöhnte und dabei im eigenen Schweiß fast ertrank, im eigenen Gestank fast erstickte. Er schwamm und schnappte nach Luft, aber er hielt die Schmerzen und Bilder der Erkenntnis aus. Als er endlich im Fieber alles klar sah, verließ sein Bewusstsein das überhitzte Gefährt des Körpers. Selbständig setzte es seine Reise auf einem staubigen Weg fort, ohne sich nach dem auskühlenden Wrack umzusehen, das im Dämmerzustand vegetierte. Das Bewusstsein bewegte sich in eine Richtung, die weder ins Licht, noch in die Dunkelheit führte. Aber es war davon überzeugt, dass es die richtige Richtung war. Denn es kam nicht auf die Richtung an, sondern auf die Bewegung.
Vielleicht wird das Protokoll irgendwann fortgeführt. Vom kollektiven Bewusstsein der Tsetsefliege oder einzelligen Trypanosoma. Vielleicht auch vom Bewusstsein eines Fiebernden. Vielleicht wird es auch nicht fortgeführt, weil höhere Bewusstseinsformen die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Mensch als Verschwendung von Ressourcen betrachten und sich auf die Suche nach noch höheren Bewusstseinsformen begeben.
12 Comments:
Merci! Ich dachte schon, ich würde jetzt einfach behaglich und ruhig in den Zipfelmützenmanntag hineinschlummern... aber nun sitze ich rauchen auf den Stufen der Treppe und bin Gast in einer wirren Gedankennacht...
sicherlich bald schlaflos übermüdet, Ihr Zaungast
nun ja, ich denke, so schlecht und so blöd sind wir gar nicht, auch wenn sich solch ein Gedanke von zeit zu zeit aufdrängen mag...aber auch nur, weil wir von zeit zu zeit so wenig aus unserem vorhandenen Bewusstsein machen...
Texte wie dieser widerlegen die Annahme die Menschen würden nur auf niedriger Bewusstseinsebene immer die gleichen Gedanken fassen. Und ich frage mich inwieweit der Fliege zur Selbstreflexion fähig ist. Das Konzept eines kollektiven Bewusstseins ist ein faszinierendes !
Ich denke, der Schlussgedanke ist es. Man muss ja nur mal den Aufwand (materiell, wissenschaftlich etc.) vergleichen der für den Kommunikationsversuch
a) mit eventuell existierenden Außerirdischen
und b) mit ganz sicher existierenden Tsetsefliegen
betrieben wird. "Bewustheiten", weit über den unseren hätten ganz bestimmt kein Interesse an uns. Höchstens als "Ausstopferle" im XooYoo Museum.
daraus folgere ich, dass wir nur deshalb (noch) nicht mit höhrern bewusstseinsformen (evtl. ausserirdische) in kontakt gekommen sind, weil diese einfach keine lust dazu haben.
umgekehrt beweist das womöglich, dass es sowohl höhere als auch ausserirdische bewusstseinsformen gibt.
klasse!
/DanielSurreal: Saßen Sie auf den Stufen, die nach oben führen oder auf den Stufen, die nach unten führen?
/Chris: Von schlecht und blöd kann keine Rede sein, denn das sind doch Komplimente!
/Lundi: Wenn du diesen Fliege meinst, dann will ich die Antwort lieber nicht wissen :)
/Eon: Dennoch könnten die Ziele der Forschung in beiden Fällen alle Mittel rechtfertigen.
/Mudshark: Ich komme täglich mit Außerirdischen in Kontakt. Für viele Begegnungen finde ich in meiner Einfalt jedenfalls keine schlüssigere Erklärung.
...so recht betrachtet, finde ich die treppe eigentlich am besten in einem dieser Escher-gemälde abgebildet... eine dieser treppen, die, steigt man hinab, nach oben führen und wenn man nach oben steigt, hinab führen...
Das Schöne daran: Sobald man das System versteht, besitzt man wenigstens eine Orientierung.
Vielleicht ist auch der Zentrismus als solcher ein Anzeichen geistiger Begrenztheit?! Ich finde, die Tsetsefliege sollte ihre fliegenzentristischen Denkstrukturen etwas differenzieren. Da gleicht sie doch sehr dem Menschen.
Herr Q., da haben Sie jetzt glatt meine Landkarte ein wenig weitergezeichnet... fast so, als hätte ich eine Rolltreppe erwischt...
/MKH: Vielleicht sind Zentrismen und geistige Begrenztheit die einzige Antriebsfedern.
/DanielSurreal: Meiden Sie Rolltreppen.
...die aber wenig zum Auftrieb beitragen... aber dafür wurde ja die Rolltreppe erfunden...
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