Samstag, August 03, 2013

Unter der Drachenhaut

Das rostige Drahtseil war zwischen zwei entgegengesetzten Gedanken gespannt. Escher versuchte, sein Gleichgewicht zu halten. Er blickte in den Abgrund und nahm die nächtlichen Schemen seiner Gehirnlandschaften wahr.

Im Fallen träumte er, nicht zu existieren, und nachdem er erwacht war, zweifelte Escher daran, dass es ein Traum gewesen sein konnte. Bis ihm der Drachen begegnete, der sich einen Menschen tätowieren ließ.

Die Oberfläche im Inneren erinnerte ihn an brüchigen Beton. Es stank nach Aas. Anstelle von Wachs verdampfte Beuteblut. Die Kerzenflamme warf ein bitteres Licht an die Wand seiner Seele. Als Escher das Licht trank, wurde ihm bewusst, dass er ein verbleichendes Bild unter der Haut des Drachens bleiben würde.

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6 Comments:

Anonymous der Nachbar said...

Kommt mir vor wie eine moderne Version eines Gemäldes von Hieronymus Bosch. Verstörend und schön.

4.8.13  
Anonymous mkh said...

Derjenige, der ihn sich erdenkt, gibt alles, um Escher von einer Matrix der Verwirrung in die nächste eintauchen zu lassen. Manchmal möchte ich ihn, den Protagonisten meine ich, für einen Moment rausziehen aus dem Reigen surrealer Absurditäten und ihm ein Haselnusseis auf dem sommerlichen Lindenplatz in die Hand drücken. Aber vermutlich würden ihn die entgegengesetzten Temperaturwerte wieder vollends aus dem Gleichgewicht bringen.

Ah, sagte ich es schon? Grandios geschrieben.

4.8.13  
Anonymous Frau H. said...

Und wo liegt Eschers "Schwerpunkt" nach dieser Erkenntnis?

Auf dem "bleiben"? Oder auf dem "verblassen"?

(Und wie immer sehr schön ihn zu lesen!)

5.8.13  
Blogger 100 Goldfischli said...

Trinkt man das Licht pur? Oder als Longdrink, mit 2dL Zeit, einer Zitronenscheibe und Strohhalm?

5.8.13  
Anonymous Scheibster said...

Ich mag den Drachen. Im Ernstfall kann er sich Escher immer noch weglasern lassen.

5.8.13  
Blogger mq said...

/der Nachbar: Jedes Mal, wenn ich vor einem Gemälde des Hieronymus Bosch stehe, fällt mir kein Maler ein, der moderner sein könnte.

/mkh: Danke. Hasseis für den Lindwurm würde dem Gleichgewicht vermutlich nicht schaden.

/Frau H.: "Der Schwerpunkt eines Körpers ist das mit der Masse gewichtete Mittel der Positionen seiner Massepunkte", weiß der Wikipeter. Genauere Quellen besitze ich momentan auch nicht.

/100 Goldfischli: Puristen trinken es pur.

/Scheibster: Oder übertätowieren.

10.8.13  

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