Das Wanderliederdrama
Meine ersten Gitarrenlehrer hießen Bob Dylan, Paul Simon und Neil Young. Das stimmt nicht ganz.
Denn meine allererste Gitarrenlehrerin war Frau Puck. Bevor ich im Alter von elf Jahren die ersehnte Sperrholzgitarre bekam, musste ich Blockflöte bei Frau Puck lernen. Blockflöte ist das grauenerregendste Instrument unter der Sonne.
Beim Musikexamen auf der Hochschule spielte vor meinem Gitarrenauftritt eine Studentin der Kontrasubbassblockflöte. Sie wählte zeitgenössische Stücke für ihre Prüfung und es war überwältigend, welches Rumoren man diesem hölzernen Monstrum entlocken konnte. Dennoch gibt es keine schlüssige Erlärung dafür, weshalb man unschuldige Kinder bis heute dazu nötigt, auf einer Blockflöte herumzupfeifen. Mir fällt jedenfalls auf Anhieb keine schlimmere Bestrafung ein. Sogar Maultrommel ist besser.
Ich hatte das Blockflötendrama hinter mir und wollte werden wie Elvis, dessen Hollywood-Filme jeden Montagabend auf Südwest 3 liefen. Frau Puck brachte mir Wanderlieder bei und heute habe ich den Verdacht, dass manche dieser Wanderlieder ihren Ursprung im Dritten Reich hatten. Jedenfalls traf das deutsche Liedgut nicht meinen Geschmack. Ich sah meine musikalische Karriere gefährdet. Erschwerdend kam hinzu, dass Frau Puck leidenschaftlich dem Eierlikör zusprach und komisch roch. Zu ihrer Entschuldigung sei erwähnt, dass Frau Pucks Hauptinstrument das Akkordeon war und sie das Schicksal der frustrierten, in der Profiliga spielenden Akkordeonisten teilte, denen man entweder in Fußgängerzonen oder in privaten Musikschulen begegnet.
Irgendwann begann ich, dem Gitarrenunterricht unentschuldigt fernzubleiben. Jeden Freitag nach der Schule schulterte ich meine Gitarre, verließ die Wohnung und setzte mich auf eine Mauer hinter dem Einkaufszentrum. Nach einer halben Stunde brachte ich die Gitarre zurück nach Hause. Das fiel ein halbes Jahr keinem auf. Frau Puck überbrückte meine Fehlzeit mit Eierlikör. Irgendwann rief meine Mutter bei Frau Puck an, um sich nach meinen Fortschritten zu erkundigen. Es gab nämlich keine feststellbaren Fortschritte. Zur Tarnung übte ich zwar jeden Tag auf der Gitarre, indem ich atonale Tonleitern klimperte und Nazi-Wanderlieder schmetterte, aber das einfältige Katzengejammer war die reinste Umweltvergiftung.
Der Schwindel flog auf und Frau Puck sah sich um eine Erwerbsquelle erleichtert. Zwei Jahre später hörte ich Dylan, Simon und Young. Sie wurden meine ersten nützlichen Gitarrenlehrer. Meine späteren Lehrer hießen Hilpert und Bitterwolf. Erstlassige Musikpädagogen, die mir vor allem die lateinamerikanische Klassik nahebrachten.
--
>> Für die Freunde der Maultrommel
Denn meine allererste Gitarrenlehrerin war Frau Puck. Bevor ich im Alter von elf Jahren die ersehnte Sperrholzgitarre bekam, musste ich Blockflöte bei Frau Puck lernen. Blockflöte ist das grauenerregendste Instrument unter der Sonne.
Beim Musikexamen auf der Hochschule spielte vor meinem Gitarrenauftritt eine Studentin der Kontrasubbassblockflöte. Sie wählte zeitgenössische Stücke für ihre Prüfung und es war überwältigend, welches Rumoren man diesem hölzernen Monstrum entlocken konnte. Dennoch gibt es keine schlüssige Erlärung dafür, weshalb man unschuldige Kinder bis heute dazu nötigt, auf einer Blockflöte herumzupfeifen. Mir fällt jedenfalls auf Anhieb keine schlimmere Bestrafung ein. Sogar Maultrommel ist besser.
Ich hatte das Blockflötendrama hinter mir und wollte werden wie Elvis, dessen Hollywood-Filme jeden Montagabend auf Südwest 3 liefen. Frau Puck brachte mir Wanderlieder bei und heute habe ich den Verdacht, dass manche dieser Wanderlieder ihren Ursprung im Dritten Reich hatten. Jedenfalls traf das deutsche Liedgut nicht meinen Geschmack. Ich sah meine musikalische Karriere gefährdet. Erschwerdend kam hinzu, dass Frau Puck leidenschaftlich dem Eierlikör zusprach und komisch roch. Zu ihrer Entschuldigung sei erwähnt, dass Frau Pucks Hauptinstrument das Akkordeon war und sie das Schicksal der frustrierten, in der Profiliga spielenden Akkordeonisten teilte, denen man entweder in Fußgängerzonen oder in privaten Musikschulen begegnet.
Irgendwann begann ich, dem Gitarrenunterricht unentschuldigt fernzubleiben. Jeden Freitag nach der Schule schulterte ich meine Gitarre, verließ die Wohnung und setzte mich auf eine Mauer hinter dem Einkaufszentrum. Nach einer halben Stunde brachte ich die Gitarre zurück nach Hause. Das fiel ein halbes Jahr keinem auf. Frau Puck überbrückte meine Fehlzeit mit Eierlikör. Irgendwann rief meine Mutter bei Frau Puck an, um sich nach meinen Fortschritten zu erkundigen. Es gab nämlich keine feststellbaren Fortschritte. Zur Tarnung übte ich zwar jeden Tag auf der Gitarre, indem ich atonale Tonleitern klimperte und Nazi-Wanderlieder schmetterte, aber das einfältige Katzengejammer war die reinste Umweltvergiftung.
Der Schwindel flog auf und Frau Puck sah sich um eine Erwerbsquelle erleichtert. Zwei Jahre später hörte ich Dylan, Simon und Young. Sie wurden meine ersten nützlichen Gitarrenlehrer. Meine späteren Lehrer hießen Hilpert und Bitterwolf. Erstlassige Musikpädagogen, die mir vor allem die lateinamerikanische Klassik nahebrachten.
--
>> Für die Freunde der Maultrommel
1 Comments:
Mit Blockflöte fing es bei mir auch an. Und anscheinend ist bis heute noch keinem Musikpädagogen aufgefallen, dass das Instrument eher geeignet ist, den Spaß an der Musik zu verderben als die Freude daran zu wecken.
Kommentar veröffentlichen
<< Home