Sonntag, Juni 26, 2011

Sehr geehrte Frau Fußbällin,

halbwegs rechtzeitig zu Beginn der Weltmeisterinnenschaft nehme ich den düsteren Teil meines Mutes zusammen und sende Ihnen diese Zeilen. Das kostet Überwindung, denn es gibt Dinge, die man selbst in einer demokratischen Gesellschaft mit Recht auf freie Meinungsäußerung besser für sich behält. Aber es will einfach aus mir heraus: Ich kann mich nicht in Sie vergucken.

Machen wir uns nicht länger gegenseitig etwas vor. Sie sind nicht das, was sich ein Mann unter Fußball vorstellt. Und ich bin vermutlich weit entfernt von Ihrer Idealvorstellung eines Fußbällinfans. Sie wirken auf mich nicht spannender als ein Glas Cola, und es würde mich wundern, wenn es sich umgekehrt anders verhielte.

Ich hege keinen Groll, Sie sind mir nur weitestgehend egal. Es geht mir aber auf den Keks, dass der überwiegende Teil meiner Geschlechtsgenossen nicht seine wahre Meinung zum Thema Damenfußbällin äußert. Da ist die Rede davon, dass es "eben ein völlig anderer Sport und mit Herrenfußball schon allein aufgrund des niedrigeren Tempos und des Zweikampfverhaltens mit weitaus geringerem Körpereinsatz" nicht zu vergleichen sei, aber dass "der Spielaufbau doch insgesamt sehr elegant" wirke.

Bei solchen Argumenten, in versöhnlicher Stimmlage und überwiegend in Gegenwart von Damen vorgetragen, denke ich immer, Freunde, logo, dass ein Spielaufbau im Joggingtempo ohne massive körperliche Gegenwehr elegant wirken mag. Aber was macht bitteschön den Reiz von erstklassigem Fußball aus, wenn nicht das hohe Tempo, blitzschnelle Pässe und barrierefreier Körpereinsatz? Bei Verständnisproblemen bitte nochmal das Champions League Finale 2011, Barca vs. ManU ansehen.

Schluss mit der Heuchelei in Gegenwart von Frauen. Weil man Fußball mag, muss man nicht auch Fußbällin lieben. Und man muss sich nicht dafür rechtfertigen oder entschuldigen oder nach diplomatischen Argumenten suchen, um das Thema aus Konfliktangst wegzuloben. Schließlich muss man sich auch nicht für Volleyball oder Rhythmische Sportgymnastik begeistern - zweifelsfrei elegante Sportarten.

Bitte halten Sie mich nicht für bösartig, vermutlich ist dieses Schreiben gar nicht an Sie gerichtet. Ich wünsche Ihnen aufrichtig viel Erfolg für das Turnier und darüber hinaus. Und wahrscheinlich schaue ich mir sogar trotz der Eleganz ein paar Spiele an.

Mit körpereinsatzbetonten Grüßen,
mq

15 Comments:

Blogger MudShark said...

mir ist aufgefallen, daß kein gesülze von den herren delling und netzer über den schirm flimmert.

27.6.11  
Blogger mq said...

> Herrn Basler wünscht man sich jedenfalls nicht als Kommentator. Es sei denn, man wäre skandalgeil.

27.6.11  
Blogger 100 Goldfischli said...

Tja. Die einen regen sich auf über Heuchelei. Die anderen sind empört darüber, dass an Fußballerinnen die äußeren Reize gelobt werden.

Da fehlen mir noch die Formelinnen 1 und die Schachweltmeisterinnenschaft.

29.6.11  
Blogger mq said...

Das wirft - auch auf die Gefahr von sexistischen Erklärungsversuchen hin - die Frage auf, warum es beim Schachspiel überhaupt Geschlechtertrennung gibt. Beim Boxen, Fußball oder Hammerwerfen verstehe ich es, bei Denksport jedoch nicht.

29.6.11  
Blogger MudShark said...

pöh, das ist ganz einfach: weil die damen es aus dem ff beherrschen einen herren um den verstand zu bringen.

30.6.11  
Blogger mq said...

Genau das hatte ich befürchtet. Schachmatt.

30.6.11  
Anonymous Andie Scheinbeine said...

Gestern war der gewünscht aggressive, körpertonte Holzhackerblues geboten. Auch nicht schlechter oder weniger spannend als wie der Kickbox Fussball der Käsköppe vor einigen Monaten, wie ich finde.

Aber seit wann gibt es beim Schach Geschlechtertrennung? Die Dame steht neben dem Herrn König und ist, gar wie im echten Leben, weitaus mobiler.

1.7.11  
Blogger mq said...

Bitte mit dem > Referat Frauenschach des Deutschen Schachbundes e.V. klären. Die dortige > Kommission für Frauenschach setzt sich übrigens ausschließlich aus Männern zusammmen.

2.7.11  
Anonymous Andrea Scheinbeine said...

Werde einen Antrag auf Emanzipation schreiben. Neben der Bäuerin sollte es eine Läuferin geben, und der Herr sollte für seine Königin zu schlagen sein. Um geschlechterneutral zu emanzipieren könnte weiss die Farbe des weiblichen Teams sein und schwarz die der Herren. Oder vv.

Und um wiederum, gar als wie im echten Leben, die Emanzipation zwar zu verkünden, dann aber am langen Ende abzuklemmen, beispielsweise durch weniger zu zahlen für dieselbe Arbeit, darf die Läuferin wie der Läufer zwar diagonal ziehen, aber nur ein oder zwei Felder weit. Dann wäre alles ja wieder in bester Ordnung.

2.7.11  
Blogger Oles wirre Welt said...

Nia Künzer hat zumindest einen besseren Frisör als Günter und Gerhard.

5.7.11  
Blogger mq said...

Du bringst es auf den Punkt, Ole. Und ich hätte nie gedacht, dass ich mich irgendwann in meinem Leben auf den Saisonstart der 2. Fußball-Bundesliga freue.

6.7.11  
Anonymous ttr said...

Tja…
Ich bin grade ganz tief in mich hinein versunken.
Habe gründlichst zenmäßig philosophiert um mir auf dieser mentalen Betonbasis eine Meinung zu bilden (denn dies ist ein freies Land!).
Leider bin ich zu keiner Meinung gekommen… dafür habe ich herausgefunden, dass Frauenfußball, genau wie Männerfußball mich nicht im geringsten (undsoweiter)… und der einzige Grund wieso ich dies hier schreibe, der Wunsch nach einem touristischen Textgruß am frischgedeckten Tisch ist.
Insofern: Grüße!

Aber Snooker! Snooker könnte ich ewig gucken.

6.7.11  
Blogger mq said...

Ihre Art der Versenkung sowie des nachhaltigen Tourismus wird sehr geschätzt, werter ttr. Und Ihre Leidenschaft zu Snooker teile ich 100%ig. Dazu bei anderer Gelegenheit mehr.

8.7.11  
Blogger JULiANE said...

Ich finde, unsere Fußbällerinnen haben sich ein paar üble Eigentore geschossen.
Beispielsweise mit dem Schlampenshooting beim Playboy (natürlich SUPIanspruchsvoll und toootal ästhetisch!) und mit Interviews, in denen sie Dinge sagen wie:
"In der Halbzeit gibt's Gedränge vor'm Schminkspiegel".

*AU-GEN-ROLL*

8.7.11  
Blogger mq said...

In sportlicher Hinsicht sehe ich den Playboy als kleinstes Problem.

11.7.11  

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