Freitag, September 28, 2012

Am Totpunkt

Von den Kanten der gotischen Gemäuer starrten sie auf ihn herab. Ein Rinnsal schwarzer Brühe suchte seinen Weg durch die Fugen. Auf dem Pflaster ruhte eine Taube mit gespreizten Flügeln und zerquetschtem Kopf.

In ihren entstellten Gesichtern spiegelten sich Spott und Hohn aus Jahrhunderten. Escher vernahm die unausgesprochenen Flüche der Wasserspeier, ein Zischen hinter steinernen Stirnen. Ihre Schatten verfolgten ihn im Schein der Zeit. Aus Abscheu gegen die Hoffnungen eines nahenden Tages atmete die Stadt mit letzter Kraft ihre Bösartigkeit in seinen Nacken.

Hinter den Mauern türmten sich ungeschriebene Seiten über zahllose Leben. Nur eine zufällige Essenz gelangt durch die verdreckten Filter der Geschichte ins Bewusstsein kommender Generationen. Der unermessliche Rest vergilbt ungelesen in der Bibliothek der Bedeutungslosigkeit. Hier würde auch der Band über sein eigenes Dasein irgendwann archiviert, zwischen Milliarden anderen inhaltsleeren Werken.

Aber in dieser Nacht war sein Opfer der Tod, den er auf seinem ziellosen Heimweg überwältigen und ausrauben würde. Escher hörte, wie sich die Schritte steinerner Stiefel näherten. Er nahm die klammen Hände aus den Taschen seines Mantels. Und ohne Furcht bog er um die Ecke.


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5 Comments:

Blogger MudShark said...

was will escher mit der sense?

30.9.12  
Blogger mq said...

Altmetall.

30.9.12  
Blogger mkh said...

Entschuldige, dass ich es schreibe: Großartig geschrieben!!!

1.10.12  
Blogger mq said...

Entschuldigung angenommen.

7.10.12  
Anonymous eon said...

die kutte kann er vielleicht gebrauchen. damit könnte er den tod zu tode erschrecken.

15.11.12  

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