Sehr geehrte Damen und Herren Hasspredigerinnen,
sollte sich in der Anrede ein protokollarischer Fehler eingeschlichen haben, bitte ich dies damit zu entschuldigen, dass es sich beim Verfasser dieses Schreibens um einen Unwissenden handelt.
Wieder einmal beschäftigt sich die Welt mit einer Laus, die über die islamische Leber gelaufen ist. Die Hassmaschine wurde angekurbelt, obwohl es sich bei dieser Lausart um harmloses Ungeziefer handelt, das man nicht mit allen Mitteln vernichten muss, sondern einfach ignorieren könnte. Ich habe jenen Film, in dem Ihr Prophet auf eine offenbar unappetitliche Weise dargestellt wird, nicht gesehen. Aus einem vollständig unreligösen, aber hoffentlich dennoch verständlichen Grund gedenke ich nicht, dies nachzuholen: Das Leben ist zu kurz, um sich jeden Scheißfilm anzusehen.
Auch meine Gefühle werden in weltanschaulicher Weise verletzt, wenn ich an sogenannte Talentshows oder anderen audiovisuellen Müll denke, aber spreche ich deswegen eine Fatwa gegen Dieter Bohlen aus? Oder hasse ich den gesamten Islam und trample auf einer brennenden saudiarabischen Flagge herum, weil ich seit 2001 kein Taschenmesser mehr mit mir führe? (Nach den religiös motivierten Anschlägen auf das World Trade Center wurden mir am Flughafen mehrfach Taschenmesser abgenommen, weil ich mich nicht daran gewöhnen konnte, dass man im Besitz dieser ungefährlichen Utensilien kein Flugzeug mehr besteigen durfte. Zuvor war seit meiner Kindheit kein Tag vergangen, an dem ich das Haus ohne Klappmesser in der Hosentasche verlassen habe.) Soll ich eine gesamte Religionsgemeinschaft hassen, weil vereinzelte Irre Hunderte von Menschen getötet haben und ich nebenbei einer nützlichen und vertrauten Angewohnheit beraubt wurde?
Ist einer von Ihnen bereits auf die Idee gekommen, Ihren Glaubensschwestern und -brüdern nahezulegen, sich Verunglimpfungen Ihres Propheten oder anderer Religionsinhalte gar nicht erst anzusehen? Dabei würde es sich um eine nervenschonende sowie gesundheits- und sozialverträgliche Lösung handeln, auch wenn sich Ihre Religionspraxis im Bild der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbedingt durch Toleranz und Gleichmut auszeichnet.
Wenn man sich unbedingt aufregen will, gelingt es. Letztendlich scheint es sich bei dieser Fähigkeit um die wichtigste Qualifikation für die Karriere eines Hasspredigers zu handeln. Unter diesem Aspekt bleibt es faszinierend, wie es Ihnen immer wieder gelingt, derartigen Dreck zu einer weltweiten politischen Diskussion hochzustilisieren - in Zeiten, in denen Europa (weiß Gott) wichtigere Probleme hat als schmutzige Phantasien von kalifornischen Pornoproduzenten. Diese Auseinandersetzung ist ein Paradebeispiel dafür, wie man in einer von Inhaltsleere geprägten Medienwelt Aufmerksamkeit generiert, indem Wahrnehmungsfilter gezielt auf verletzende Inhalte gerichtet werden.
Mit limitiert verständnisvollen, aber weitestgehend gelassenen Grüßen,
mq
Wieder einmal beschäftigt sich die Welt mit einer Laus, die über die islamische Leber gelaufen ist. Die Hassmaschine wurde angekurbelt, obwohl es sich bei dieser Lausart um harmloses Ungeziefer handelt, das man nicht mit allen Mitteln vernichten muss, sondern einfach ignorieren könnte. Ich habe jenen Film, in dem Ihr Prophet auf eine offenbar unappetitliche Weise dargestellt wird, nicht gesehen. Aus einem vollständig unreligösen, aber hoffentlich dennoch verständlichen Grund gedenke ich nicht, dies nachzuholen: Das Leben ist zu kurz, um sich jeden Scheißfilm anzusehen.
Auch meine Gefühle werden in weltanschaulicher Weise verletzt, wenn ich an sogenannte Talentshows oder anderen audiovisuellen Müll denke, aber spreche ich deswegen eine Fatwa gegen Dieter Bohlen aus? Oder hasse ich den gesamten Islam und trample auf einer brennenden saudiarabischen Flagge herum, weil ich seit 2001 kein Taschenmesser mehr mit mir führe? (Nach den religiös motivierten Anschlägen auf das World Trade Center wurden mir am Flughafen mehrfach Taschenmesser abgenommen, weil ich mich nicht daran gewöhnen konnte, dass man im Besitz dieser ungefährlichen Utensilien kein Flugzeug mehr besteigen durfte. Zuvor war seit meiner Kindheit kein Tag vergangen, an dem ich das Haus ohne Klappmesser in der Hosentasche verlassen habe.) Soll ich eine gesamte Religionsgemeinschaft hassen, weil vereinzelte Irre Hunderte von Menschen getötet haben und ich nebenbei einer nützlichen und vertrauten Angewohnheit beraubt wurde?
Ist einer von Ihnen bereits auf die Idee gekommen, Ihren Glaubensschwestern und -brüdern nahezulegen, sich Verunglimpfungen Ihres Propheten oder anderer Religionsinhalte gar nicht erst anzusehen? Dabei würde es sich um eine nervenschonende sowie gesundheits- und sozialverträgliche Lösung handeln, auch wenn sich Ihre Religionspraxis im Bild der öffentlichen Wahrnehmung nicht unbedingt durch Toleranz und Gleichmut auszeichnet.
Wenn man sich unbedingt aufregen will, gelingt es. Letztendlich scheint es sich bei dieser Fähigkeit um die wichtigste Qualifikation für die Karriere eines Hasspredigers zu handeln. Unter diesem Aspekt bleibt es faszinierend, wie es Ihnen immer wieder gelingt, derartigen Dreck zu einer weltweiten politischen Diskussion hochzustilisieren - in Zeiten, in denen Europa (weiß Gott) wichtigere Probleme hat als schmutzige Phantasien von kalifornischen Pornoproduzenten. Diese Auseinandersetzung ist ein Paradebeispiel dafür, wie man in einer von Inhaltsleere geprägten Medienwelt Aufmerksamkeit generiert, indem Wahrnehmungsfilter gezielt auf verletzende Inhalte gerichtet werden.
Mit limitiert verständnisvollen, aber weitestgehend gelassenen Grüßen,
mq
5 Comments:
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Wegen akut schlechter Recherche meierseits habe ich meinen erstgetippten schnellen Kommentar jetzt mal wieder gelöscht. Da stehen offenbar fundamentalistische Gesinnungen auf beiden "Seiten", wenn ich mir bspw. diesen Terry Jones (und das ist leider NICHT jener von den Monty Pythons) anschaue ...
=> http://www.tagesschau.de/ausland/terryjones110.html
Muss mich erst mal wieder mehr mit dieser aktuellen Sache beschäftigen. Jedenfalls, eins kann udn muss man sagen: Die spinnen, die Hassprediger!
und ein n zu => meierseits
Salman Rushdie hat kürzlich sinngemäß in einem Interview gegenüber der Wochenzeitung "Die Zeit" gesagt, dass niemand das Recht besitze, sich in seinen religiösen Gefühlen verletzt zu fühlen, nur weil ein anderer eine Meinung zum Ausdruck gebracht hat.
Ein Recht auf Sichverletztfühlen hat man meiner Ansicht nach schon. Aber auch die Pflicht, mit sich selbst ins Reine zu kommen.
Alles, was darüber hinaus geht, ist dann eine Frage der Menschenrechtskonventionen.
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